"Von Außerirdischen überfallen": Reaktionen auf Stürmung des brasilianischen Regierungsviertels
Die Stürmung des Regierungsviertels in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia durch Fans des Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro am Wochenende schlug hohe Wellen - auch, weil sie sehr an jene des US-Kapitols in Washington 2021 erinnert.
Internationale Medien und Experten kommentierten das Ereignis folgendermaßen:
"Früchte des Hasses"
"Diese Aufstände, die sich jetzt wiederholen, zeigen das wahre Gesicht der extremen Rechten, die, sobald sie durch die Wahlurnen an die Macht gekommen ist, alles tut, um die Institutionen zu sabotieren. Diese pöbelnden Horden sind nichts anderes als die Früchte des Hasses." (Les Dernières Nouvelles d'Alsace, Tageszeitung in Straßburg)
"Unglaubliche Szenen"
Die irische Schriftstellerin und Tutorin an der University of Oxford, Jennifer Cassidy, rief dazu auf, alle Augen auf Brasilia zu richten und meint, die Geschehnisse würden für Jahrhunderte in den Geschichtsbüchern Platz finden:
"Gewalt wird akzeptabel"
"Dieses kriminelle Verhalten zielt darauf ab, eine Grundlage der Demokratie zu zerstören, nämlich die Anerkennung der Legitimität des Gegners. Die freie Demokratie funktioniert, solange die Besiegten bereit sind, in dem Wissen beiseite zu treten, beim nächsten Mal dank des freien Wahlwettbewerbs wieder regieren zu können. Wird die Gegenpartei jedoch als das absolut Böse angesehen, dann heiligt der Zweck die Mittel und sogar Gewalt wird akzeptabel." (Corriere della Sera, Tageszeitung in Mailand)
"Erschreckend bekannt"
"Diese Aufnahmen kommen einem unheimlich bekannt vor - der Hauptunterschied besteht darin, dass der Machtwechsel in Brasilien bereits stattgefunden hat und die Gesetzgeber dort nicht um ihr Leben fliehen", meint der Reporter Kyle Cheney von der US-amerikanischen Zeitung Politico:
"Hetze und populistische Funken"
"Brasilia wurde von Außerirdischen überfallen - Wesen aus einer parallelen Realität, in der man die Zentren der Exekutive, Legislative und Judikative stürmen und dies auch filmen und im Internet zeigen darf. An einer Stelle sieht man einen Mann mit Cowboyhut und gelbem T-Shirt, der eine Stulle kauend die Treppen des Kongresses hinuntergeht, als wäre er auf einem Sonntagsausflug.
Das Brasilien, das Jair Bolsonaro nach vier Jahren staatlicher Förderung von Hass und Lügen hinterlassen hat, wird von Tausenden bevölkert, die Hirngespinste für Tatsachen und die Realität für eine bloße Meinung halten. Diese irrationalen Figuren halten jedes Mittel im Kampf gegen alle, die nicht ihrer Meinung sind, für erlaubt. Bolsonaro hat wie Donald Trump in den USA einen Teil des brasilianischen Volkes aufgehetzt und populistische Funken auf dem trockenen Feld der Leichtgläubigkeit geschlagen." (Público, Tageszeitung in Lissabon)
Auch Politiker äußerten sich am Sonntag und Montag zu den Ereignissen in Brasilia:
"Barbarei"
Der brasilianische Präsident, Lula da Silva, selbst spricht von einer "Barbarei" und einem "Mangel an Sicherheit":
"Sie müssen die Barbarei in Brasilia heute gesehen haben. Diese Leute, die wir Faschisten nennen, das Abscheulichste in der Politik, sind in den Palast und in den Kongress eingedrungen. Wir glauben, dass es einen Mangel an Sicherheit gab."
Unterstützung aus den USA
Und US-Präsident Joe Biden schrieb auf Twitter:
"Ich verurteile die Angriffe auf die Demokratie und die friedliche Machtübergabe in Brasilien. Die demokratischen Institutionen Brasiliens haben unsere volle Unterstützung, und der Wille des brasilianischen Volkes darf nicht untergraben werden. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit mit @LulaOficial"