Politik/Ausland

Erdogan: Europäer werden nicht mehr sicher sein

Von verbaler Abrüstung hält Recep Tayyip Erdogan offenbar nicht viel. Am Mittwoch forderte er Europa zur Abkehr von seinem bisherigen Verhalten gegenüber der Türkei auf und verband dies mit einer diffusen Warnung: "Wenn Europa seinen Weg so fortsetzt, kann sich kein Europäer in irgendeinem Teil der Welt mehr sicher auf den Straßen bewegen", sagte der türkische Staatspräsident heute bei einer Veranstaltung für Journalisten in Ankara.

"Wir als Türkei fordern Europa auf, die Menschenrechte und die Demokratie zu respektieren", so der türkische Präsident. Erst am Vortag hatte Erdogan eine Neuausrichtung der Beziehungen zur Europäischen Union angekündigt. Die EU sei "faschistisch" und "grausam", und die Lage in Europa erinnere ihn an die Situation vor dem Zweiten Weltkrieg, sagte Erdogan.

Aus dem Referendum zur Verfassungsreform am 16. April werde hinsichtlich der Beziehungen zur EU eine völlig neue Türkei hervorgehen. Dann werde er mit der EU über die künftigen Beziehungen diskutieren, und er werde tun, was nötig sei.

Erdogan: Inhaftierte sind Diebe oder Kinderschänder

Auch in der Debatte um inhaftierte Journalisten legte Erdogan am Mittwoch nach: Den in türkischer Untersuchungshaft sitzenden Welt-Korrespondenten Deniz Yücel beschuldigte er erneut, als Spitzel gearbeitet zu haben. Yücel sei ein "Agent" und ein "Terrorist".

Auch die anderen in der Türkei inhaftierten Journalisten beschuldigte Erdogan krimineller Handlungen. "Alle Journalisten im Gefängnis sind Diebe, haben Kinder missbraucht oder sind Terroristen", sagte der Staatspräsident.

Israel: Nazi-Vorwürfe inakzeptabel

Erdogans jüngste Nazi-Vorwürfe gegen Deutschland hat Israel nun klar verurteilt. "Solche Vergleiche sind völlig deplatziert", sagte der Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem, Emmanuel Nahshon, ohne die Türkei direkt zu erwähnen.

"Israel ist gegen alles, was das Gedenken an den Holocaust schmälern oder ihn banalisieren könnte", sagte Nahshon der Deutschen Presse-Agentur. In der Auseinandersetzung mit dem Holocaust habe die frühe Erziehung einen besonders hohen Stellenwert, "damit es nicht zu dieser Art von Vergleichen kommt", sagte der Sprecher.

Die türkische Führung liegt mit mehreren EU-Staaten im Streit, weil türkische Politiker dort auf Wahlkampfauftritten für das Referendum werben wollten. In einigen Ländern wurden ihnen Auftritte untersagt. Türkische Regierungsvertreter hatten Deutschland und den Niederlanden deswegen Nazi-Methoden unterstellt. Am Sonntag hatte Erdogan der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel erstmals persönlich "Nazi-Methoden" vorgeworfen.

Mit der neuen Verfassung soll ein Präsidialsystem geschaffen werden, in dem Erdogan weitreichende Machtbefugnisse erhält.