Die ganz spezielle "Corona-Wahl" in Südkorea
Von Walter Friedl
Für welche Partei die Menschen votierten, blieb ihr Geheimnis, ihre Körpertemperatur nicht. Denn schon vor den Wahllokalen wurde bei jedem Wähler Fieber gemessen. Ausfüllen durfte man den Stimmzettel nur mit Einmal-Handschuhen. Der mittlerweile gewohnte Ein-Meter-Abstand war strikt einzuhalten, die Mund- und Nasenmaske eine Selbstverständlichkeit. Trotz dieser Corona-Schutzmaßnahmen und der potenziellen Gefahr, sich anzustecken, machten an drei Wahltagen (der letzte war der Mittwoch) rund zwei Drittel der 44 Millionen stimmberechtigten Südkoreaner von ihrem Wahlrecht Gebrauch - mehr als beim Urnengang vor vier Jahren.
Absolute Mehrheit
Laut ersten Nachwahlbefragungen mehrerer TV-Sender konnte die Demokratische Partei Koreas (Minjoo) von Präsident Moon Jaen-in ihre Dominanz ausbauen - mit der kleineren Schwesterpartei Gemeinsame Bürgerpartei dürfte sie eine absolute Merhheit erreicht haben. Das stärkt die Position des Staatschef, der zuvor mit einem Paralment konfrontiert war, in dem es keine klaren Mehrheiten gab.
Vorbild in Corona-Krise
Einziges und bestimmendes Thema der Wahl war naturgemäß die Corona-Pandemie, auf die in Südkorea derart gut reagiert wurde, dass die Strategie weltweit als vorbildlich angesehen wird - vor allem mit vielen Tests und dem Tracking Infizierter. Der Erfolg in Zahlen: Das Land hat bei einer Einwohnerzahl von 55 Millionen rund 10.600 Infizierte (täglich kommen nur rund 50 hinzu) und 225 Tote. Zum Vergleich Italien (rund 60 Millionen Einwohner): 163.000 Infizierte und mehr als 21.000 Tote.
Dies dankte die Mehrheit der Südkoreaner dem Präsidenten, der zuvor wegen der schwächelnden Wirtschaft und dem schleppenden Annäherungsprozess zu Nordkorea in der Kritik stand, mit dem klaren Erfolg seiner Partei.