Politik/Ausland

Leopard-Panzer für die Ukraine: Scholz hat Ja gesagt

Aufgeregten Medienberichten folgte im Laufe des Dienstagabends die nüchterne Bestätigung aus Regierungskreisen: Ja, Deutschland werde Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 an die Ukraine liefern, und ja, Deutschland werde anderen Ländern erlauben, ihre Leoparden aus deutscher Produktion ebenfalls an Kiew abzugeben. Noch mehr wusste der deutsche Spiegel: So soll mindestens eine Kompanie – also 14 Stück – aus Deutschland an die Ukraine gehen.

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Monatelang hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gezögert und abgewogen, und sich damit keine Freunde unter den Verbündeten gemacht: Sowohl aus der Ukraine als auch aus verschiedenen NATO-Staaten waren Rufe nach einer Freigabe der Kampfpanzer laut geworden. Die polnische Regierung hatte am Dienstag einen offiziellen Exportantrag für Leopard-2-Panzer aus deutscher Produktion eingebracht. Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak schrieb dazu auf Twitter: "Ich appelliere auch an die deutsche Seite, sich der Koalition der Länder anzuschließen, die die Ukraine mit Leopard-2-Panzern unterstützen."

Regierungschef Mateusz Morawiecki hatte am Montag gesagt, notfalls werde man auch ohne die Genehmigung Berlins handeln, womit Polen einen diplomatischen Eklat riskiert hätte.

Zuletzt erhöhten auch die Regierungspartner Grüne und FDP den Druck auf Scholz. Auch CDU und CSU drängten die Regierung.

Reisner: "Dominoeffekt möglich"

Ob dem Druck inner- oder außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik geschuldet: Militärstratege und Oberst Markus Reisner nennt die Entscheidung Deutschlands  gegenüber dem KURIER "richtungsweisend, das Einlenken Deutschlands  könnte durchaus den von der Ukraine gewünschten Dominoeffekt erzielen und eine größere Menge von Panzerlieferungen zu Folge haben. Das Ziel, so die Forderung, sind 300 moderne Kampfpanzer und nicht wenige Dutzend."

Reisner dürfte recht behalten:  Scholz hatte immer betont, "keine Alleingänge" bei der Bereitstellung qualitativ neuer Waffensysteme machen zu wollen. Medienberichten zufolge dürften auch   die Niederlande, Spanien und Skandinavien Leopard-2-Panzer liefern wollen; Frankreich soll ebenfalls überlegen.   

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Besondere Aufmerksamkeit bekommt jedoch die Meldung, dass die USA mit der Lieferung von Abrams-Panzern mitziehen dürfte. Das Wall Street Journal hatte am Dienstagnachmittag berichtet, dass US-Präsident Joe Biden die Lieferung von Abrams-Kampfpanzern in nicht unerheblicher Zahl erwägen würde. Politico schrieb, es sei  von 30 Panzern die Rede. Bisher hatte die USA betont, die Bereitstellung der Abrams-Panzer sei aus praktischen Gründen nicht sinnvoll: Die US-Panzer müssten über den Atlantik transportiert werden, die Instandhaltung sei aufwendiger, und sie verbrauchten zu viel Treibstoff. Die US-Regierung bestätigte die Berichte bisher nicht.

Selenskij: "Es geht nicht um fünf oder zehn Panzer"

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij hingegen hat am Dienstag zurückhaltend auf Berichte über die Zusage von Kampfpanzen aus deutscher Produktion reagiert. "Viele Bemühungen, Worte, Versprechen", sagte er am Dienstagabend in einer Videoansprache. Wichtiger sei, die Realität zu sehen. "Es geht nicht um fünf oder zehn oder fünfzehn Panzer. Der Bedarf ist größer." Die Ukraine bemühe sich täglich, den Mangel an schweren Kampfpanzern auszugleichen.

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"Und ich danke jedem Einzelnen von Ihnen, der uns dabei unterstützt." Die Diskussionen um die Lieferung von Panzern müssten jetzt in Entscheidungen münden, forderte Selenskij. "Entscheidungen, die unsere Verteidigung gegen die (russischen) Terroristen wirklich stärken." Die Verbündeten der Ukraine verfügten über die erforderliche Anzahl von Panzern. "Wenn wir das nötige Gewicht an Entscheidungen haben, werden wir Ihnen gern für jede einzelne wichtige Entscheidung danken", betonte Selenskij. "Daran arbeiten wir noch."

Russische Offensive im Frühjahr befürchtet

Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 bilden das Rückgrat von Panzertruppen und werden an der Spitze eines Angriffs eingesetzt. Für die Ukraine  wären sie  vor allem angesichts einer im Frühling befürchteten neuen Offensive Russland von großem Nutzen. Aktuell bewegt sich die Frontlinie in der Ostukraine kaum.

Während die Entscheidung für eine Lieferung die westlichen Verbündeten wieder mehr einen dürfte, könnte sie Deutschland spalten: Einer Umfrage des ARD zufolge sind 46 Prozent der Befragten dafür, fast ebenso viele dagegen (43 Prozent). Elf Prozent wollten sich nicht festlegen.