Politik/Ausland

Grüne wagen keinen Neustart

Lang brauchte die Grünen-Bundestagsfraktion zur Neuwahl ihrer Spitze. Denn es ging nicht nur um Personen, sondern auch um die ideologische Ausrichtung der Partei. Zuletzt setzte sich die Vertreterin der alten Führung durch, die die Niederlage am 22. September zu verantworten hat: Kathrin Göring-Eckardt ist die neue Fraktionschefin, ihr laut Statuten männlicher Co-Vorsitzender ist Andreas Hofmeister vom linken Flügel, bisher Verkehrssprecher der Partei.

Göring-Eckardt war grüne Vizepräsidentin des Bundestags und im Wahlkampf neben Jürgen Trittin die Spitzenkandidatin. Da blieb sie blass und stützte voll seinen prononcierten Gerechtigkeitswahlkampf für scharfe Steuererhöhungen. Seither ist sie nicht nur für den wirtschaftsfreundlich orientierten Realo-Flügel unter Führung des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, dem einzigen grünen Regierungschef, ein Anhängsel der „Fundis“. Auch dass sie als Einzige der alten Führung sich schon am Wahlabend für das neue Amt bewarb, schadete ihrem Ansehen, das sie bisher als oberste Laienrätin der Protestantischen Kirche Deutschlands erworben hatte.

Gegen Göring-Eckardt hatte die Wirtschaftspolitikerin Kerstin Andreae kandidiert. Sie gilt als rechte Hand Kretschmanns und als Speerspitze der Südwest-Grünen, die traditionell den bürgerlicheren Flügel beherrschen.

FDP-Vakuum

Die plädieren für den Gang der Partei in die politische Mitte, das Lockern des Dauerpakts mit der SPD und das Auffüllen der Lücke der aus dem Bundestag geflogenen FDP. Die „Realos“ sind zahlenmäßig aber weit unterlegen, was sich nun in der Besetzung der Führungspositionen zeigt: Göring-Eckardt gewann auch mit den Stimmen der „Fundis“.

Damit gilt in Berlin nun die Chance auf eine schwarz-grüne Koalition, die morgen, Donnerstag, mit der Union erstmals sondiert wird, als noch geringer als ohnehin.

Das Werben prominenter Altgrüner wie Joschka Fischer für den Kurswechsel war damit vergeblich: „Manche werden älter, aber nicht erwachsen“, hatte er schon nach der Wahl über die Fundis unter Trittin, den nun abgetretenen männlichen Fraktionschef, geätzt.

Das wird die alte, früher so staatskritische Führung zumindest bei Versorgungsjobs: Ex-Fraktionschefin Renate Künast und Ex-Parteichefin Claudia Roth wollen Bundestagsvizepräsidentin werden – in der nächsten grünen Kampfabstimmung.