Der Niedergang der Sozialdemokraten in Europa
Die Befreiung der Arbeiter von den Ketten sei vorbei, der Kampf um den Wohlfahrtsstaat sei erfolgreich gewe-
sen, die Sozialdemokraten bräuchten dringend ein neues „Narrativ“, meint der österreichische Politologe Peter Filzmaier. Doch das finden sie offenbar nicht, europaweit – was teils dramatische Folgen für die Parteien hat.
In Frankreich stürzte die einst mächtige PS bei den vergangenen Parlamentswahlen auf 7,4 Prozent ab, zuvor hatte sich noch jeder vierte Wähler für die Sozialisten erwärmen können. Zur Präsidentenwahl trat der Ex-PS-Chef Francois Hollande erst gar nicht an.
Ähnlich dramatisch ist die Situation für die Genossen in den Niederlanden. Beim Urnengang 2017 konnte die PvdA gerade noch 5,7 Prozent der Stimmen erringen. Auch in Griechenland wurde die PASOK zur Kleinstpartei degradiert: 2015 kam sie auf mickrige 6,3 Prozent – dabei hatten zu Beginn des Jahrzehnts noch weit mehr als 40 Prozent der Griechen bei PASOK ihr Kreuz gemacht.
In Italien verlor der einst so stolze PD bei den Wahlen im Vorjahr jeden vierten Wähler und musste sich mit dem historisch schlechtesten Ergebnis in diesem Jahrhundert (18,7 Prozent) zufriedengeben. Parteichef Matteo Renzi trat zurück, eine rechtspopulistische Koalition übernahm das Land, und die Roten, auch intern zerrissen, bringen keinen Fuß auf das politische Parkett. In Deutschland dümpelt die SPD in Umfragen zwischen 15 und 17 Prozent Zustimmung.
In Großbritannien, das im Brexit-Chaos versinkt, konnte sich Labour mit einem Linkskurs erfangen, ein Wahlsieg beim nächsten Urnengang scheint möglich. In Schweden fuhren die Sozialdemokraten 2018 Verluste ein, stellen aber den Regierungschef. Auch Portugal ist eine der letzten roten Bastionen mit Antonio Costa als Führer einer Minderheitsregierung. Im Nachbarland Spanien konnte der PSOE nach einem Misstrauensvotum die Macht ohne Wählerbeteiligung vorerst übernehmen.