Coronavirus in Italien: Städte abgeriegelt, Karneval abgesagt
- Vier Tote in Italien, Zahl der Infektionen auf über 152 gestiegen
- Städte abgeriegelt, Italien bereitet Kasernen für Quarantäne vor
- Karneval in Venedig abgesagt
- Absagenflut in der Serie A
- Höchste Alarmstufe in Südkorea
Die Coronavirus-Epidemie in Norditalien hat am Montag das vierte Todesopfer erfordert. Dabei handelt es sich um einen 84-Jährigen, der in einem Krankenhaus in der lombardischen Stadt Bergamo behandelt wurde. Damit stieg die Zahl der Todesopfer in der Lombardei auf drei, in Venetien war am Freitag ein 78-jähriger Pensionist an den Folgen einer Coronavirus-Erkrankung gestorben.
Die Zahl der Infektionen ist in Italien indes auf über 180 gestiegen, 150 davon wurden allein in der Lombardei gemeldet, berichtete der lombardische Präsident Attiliio Fontana in einem Radiointerview am Montag. Die lombardischen Supermärkte wurde von Menschen bestürmt, die eine Lebensmittelknappheit befürchten. Fontana betonte, es bestünde keine Gefahr, dass Lebensmittel nicht geliefert werden könnten.
Mit drastischen Maßnahmen wie Sperrzonen will Italien die rasante Ausbreitung des Coronavirus Sars-CoV-2 stoppen. Mehrere Gemeinden in Norditalien wurden abgeriegelt, damit das Virus nicht auf die Wirtschaftsmetropole Mailand, das Touristenzentrum Venedig und andere Regionen übergreift.
Der Karneval in Venedig werde genauso wie alle Sportveranstaltungen abgesagt, Museen und Schulen sollen in der gesamten Region Venetien bis zum 1. März geschlossen bleiben, kündigte Regionalpräsident Luca Zaia am Sonntag an. Der Karneval hätte eigentlich noch bis Dienstag laufen sollen.
Sollte ich meine Reise absagen?
Das Außenamt hat keine Reisewarnung für Italien ausgegeben. Nachdem das öffentliche Leben in vielen Regionen aber weitgehend still steht, sollte man sich überlegen, ob Italien gerade eine Reise wert ist.
Wie kann ich mich vor dem Virus schützen?
Hände waschen! Das ist die wichtigste Maßnahme, um eine Vireninfektion zu vermeiden.
Gelte ich nach einer Italien-Reise als Verdachtsfall?
Nein. Kommt man kränklich von einer Italien-Reise zurück, gilt man derzeit nicht als Verdachtsfall, so wie das mit Chinarückkehrern ist. Wenn man jedoch fürchtet, sich infiziert zu haben, weil man mit Coronainfizierten Kontakt hatte, sollte man keinesfalls eigenständig in ein Krankenhaus fahren, sondern telefonisch die Behörden informieren.
Kann ich meine Reise gratis stornieren?
Nein. Will man die Reise absagen, muss man auf die Kulanz des Anbieters oder der Fluglinie hoffen.
Ich plane eine Italien-Reise im Sommer. Sollte ich das lieber lassen?
Im Moment können weder Mediziner noch Behörden sagen, wie sich das Coronavirus entwickeln wird. In einigen Monaten könnten auch andere Urlaubsländer betroffen sein.
An der Brenner-Grenze ist am Sonntagabend ein Zug angehalten worden, weil sich zwei Coronavirus-Verdachtsfälle im Zug befanden. Die italienische Staatsbahn (FS) hatte zuvor die ÖBB informiert, dass sich im Zug zwei Personen mit Fiebersymptomen befinden. Das teilte das Innenministerium am Sonntagabend mit. Es gab später Entwarnung. Die betroffenen Reisenden waren schon in Verona negativ getestet worden.
Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) rät der Bevölkerung derzeit davon ab, Reisen nach Italien zu unternehmen. Wenn es nicht notwendig sei, sollte man die betroffenen Regionen meiden, sagte Kaiser am Sonntag bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in Klagenfurt. Welche Auswirkungen die Ausrufung des Notstands in Friaul-Julisch Venetien haben wird, sei derzeit unklar.
Italien: Rascher Anstieg der Infektionen
Die Zahl der Infizierten war in Italien über das Wochenende überraschend stark angestiegen. Bis zum Sonntagabend waren es bereits mehr als 180 Fälle, wie der Zivilschutz erklärte. Am stärksten war die wirtschaftsstarke Region Lombardei betroffen. Es folgte Venetien. Darunter gab es auch zwei Fälle in der Stadt Venedig. Auch im Piemont, in der Emilia-Romagna und in Rom hatten sich Menschen angesteckt. Mehr als 25 Personen waren laut Zivilschutz auf der Intensivstation. Drei ältere Menschen starben. Als drittes Todesopfer meldete die Region Lombardei am Sonntag eine Frau, die bereits in der Onkologie behandelt worden war.
Die Regierung kündigte scharfe Maßnahmen an, um eine Verbreitung in den wirtschaftsstarken Regionen aufzuhalten. Die am stärksten betroffenen Städte wurden abgeriegelt: Niemand durfte rein oder raus. Betroffen ist die Provinz Lodi in der Lombardei rund 60 Kilometer südöstlich von Mailand, wo rund 50 000 Menschen leben, sowie die Stadt Vo in der Provinz Padua in Venetien mit rund 3000 Einwohnern.
Premier Conte: "Bevölkerung schützen"
"Das Ziel ist es, die Gesundheit der italienischen Bevölkerung zu schützen", sagte Ministerpräsident Giuseppe Conte nach einer Krisensitzung in der Nacht zu Sonntag. Zunächst sollten Sicherheitskräfte die Regionen abriegeln. "Wenn nötig, werden es auch die Streitkräfte sein." Wer versuche, die Absperrungen zu umgehen, dem drohe strafrechtliche Verfolgung.
In vielen Städten und Gemeinden wurden Schulen, Universitäten und ein Großteil der Geschäfte geschlossen. Großveranstaltungen wie Gottesdienste, Karnevalsfeste und Sportevents wurden abgesagt. Die Mailänder Scala sagte ihre Aufführungen bis auf Weiteres ab.
In Venedig, das um die Karnevalszeit massenhaft Touristen besuchen, herrschte Alarmstimmung. Die Feste sollten ab Sonntagabend auslaufen. "Es ist die schwerwiegendste Anordnung, die ein Regionalpräsident eigentlich nie machen möchte", sagte Gouverneur Zaia.
Das Ausmaß des Ausbruchs in Italien erschreckt. Zum Vergleich: In Österreich gab es bisher keine Verdachtsfälle. In Deutschland wurden bisher 16 Fälle gemeldet, in Frankreich zwölf. Italiens Vize-Gesundheitsminister Pierpaolo Sileri sagte dem Sender SkyTG24, er gehe von weiter steigenden Fallzahlen aus. "Es ist klar, dass wir mehr Fälle haben werden."
In Südtirol bereiteten sich die Behörden auf mögliche eingeschleppte Infektionen vor. Kitas sollten vorerst geschlossen bleiben. Ein Aussetzen der innereuropäischen Reisefreiheit im Rahmen der Schengen-Zone sei vorerst nicht vorgesehen, so Conte. Aus Italien solle "kein Lazarett" werden.
In den Nachbarländern Schweiz und Österreich war erhöhte Wachsamkeit angesagt. Frankreich bereitet sich verstärkt auf eine Ausbreitung von Sars-CoV-2 vor. Die Lage in Italien werde "aufmerksam verfolgt", sagte Gesundheitsminister Olivier Véran.
Südkorea: Höchste Warnstufe
Italien ist das Land in Europa mit den meisten Infektionen. Auch auf der koreanischen Halbinsel spitzte sich die Lage zu: Die Regierung Südkoreas rief wegen des rasanten Anstiegs der Fallzahlen im Land die höchste Warnstufe für Infektionskrankheiten aus. In einigen Tagen werde ein "kritischer Moment" im Kampf gegen Covid-19 erreicht sein, sagte Präsident Moon Jae In. Die Zentralregierung wie auch die Lokalregierungen sollten nicht zögern, beispiellose Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Die Zahl nachgewiesener Infektionen im Land lag am Sonntag bei gut 600, mindestens fünf Menschen starben.
Iran: 40 Infektionen, acht Tote
Noch weitgehend unklar ist die Situation im Iran. Bis Sonntag waren dort 40 Infektionen erfasst. Acht Menschen starben bisher an Covid-19, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Die tatsächlichen Fallzahlen könnten aber weitaus höher liegen, wird befürchtet. Nach Angaben des Ministeriums wurden in mehreren Städten die Schulen und Universitäten vorläufig geschlossen. Auch Kinos bleiben bis auf weiteres zu, Theater- und Konzertveranstaltungen wurden abgesagt.
Erster Fall in Bahrain
In Bahrain ist am Montag der erste Fall bestätigt worden. Wie die Behörden des Königreichs am Persischen Golf mitteilten, handelte es sich um einen Bürger des Landes, der zuvor im Iran gewesen war.
In Kuwait gibt es indes drei neue Coronavirus-Fälle. Auch dabei handelte es sich um Personen, die aus dem Iran eingereist waren, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur KUNA Die Infizierten, darunter auch ein saudischer Staatsbürger, zählten zu einer Gruppe von 700 Personen, die in der Vorwoche aus der iranischen Stadt Mashhad ausgeflogen worden waren.
China: 2400 Tote
In China, dem Ursprungsland von Covid-19, liegt die Zahl offiziell erfasster Infektionen aktuell bei rund 77.150, mehr als 2.592 Menschen sind demnach an der Lungenerkrankung gestorben. Experten gehen aber von einer hohen Dunkelziffer nicht erfasster Fälle aus. Die Epidemie sei "der größte öffentliche Gesundheitsnotstand mit der schnellsten Verbreitung, dem breitesten Ausmaß an Infektionen und der schwierigsten Vorbeugung und Kontrolle seit der Gründung des neuen Chinas", sagte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping am Sonntag.
"Die gegenwärtige Lage der Epidemie ist düster und kompliziert, und Vorbeugung und Kontrolle stecken in der kritischsten Phase." Die Epidemie werde "große Auswirkungen auf die Wirtschaft und Gesellschaft" haben, so Xi Jinping. Er halte diese aber für "vorübergehend und beherrschbar", da die Grundlagen für die langfristige wirtschaftliche Entwicklung China unverändert seien.