Politik/Ausland

Klimagipfelpräsident hält Ausstieg aus Fossilen für unnötig

Der Präsident der Weltklimakonferenz in Dubai, Sultan Al-Dschaber, hat einem Bericht zufolge den wissenschaftlichen Konsens angezweifelt, dass ein Ausstieg aus den fossilen Energien zum Erreichen des internationalen 1,5-Grad-Ziels notwendig ist. Der Guardian und das "Centre for Climate Reporting“ berichteten am Sonntag unter Berufung auf eigene Informationen, Al-Dschaber habe im November in einer Videoschalte unter anderem mit UN-Vertretern gesagt, es gebe "keine Wissenschaft“, die belege, dass der Ausstieg aus fossilen Energieträgern notwendig sei, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen.

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Al-Dschaber ist als Gastgeber der Klimakonferenz umstritten, weil er gleichzeitig Chef des staatlichen Ölkonzerns ist. In der Videokonferenz soll er dem Bericht zufolge behauptet haben, Entwicklung ohne die Nutzung fossiler Energien sei nicht möglich, „wenn man die Welt nicht in die Steinzeit katapultieren will“.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres hatte hingegen erst zu Beginn der Klimakonferenz COP28 betont: „Die Wissenschaft ist eindeutig. Das 1,5-Grad-Ziel ist nur möglich, wenn wir endgültig damit aufhören, fossile Brennstoffe zu verbrennen.“ 

Auch Russland, Saudi-Arabien und Irak sprechen sich deutlich gegen einen Ausstieg aus der fossilen Energie aus. 

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Auf Anfrage des „Guardian“ stritt die COP28-Präsidentschaft die Äußerungen nicht ab, teilte aber weiter mit, Al-Dschaber habe sich darauf bezogen, dass auch der Weltklimarat in seinen Szenarien davon ausgehe, dass fossile Energien im Energiesystem der Zukunft weiter eine Rolle spielten - wenn auch eine kleinere.

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Die führende Klimaforscherin Friederike Otto vom Imperial College London sagte dem Guardian: „Wenn der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen auf der COP28 nicht gelingt, werden mehrere weitere Millionen Menschen in die Schusslinie des Klimawandels geraten.“ Dies wäre „ein schlimmes Vermächtnis“ für die Konferenz in Dubai.
Der weltweite Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas ist eines der strittigsten Themen in Dubai. Die Emirate und mehrere andere Länder wollen weiter auf fossile Energien setzen und Technologien wie CO2-Speicherung oder -Abscheidung nutzen. Diese werden von Experten jedoch als wissenschaftlich umstritten, sehr teuer und nicht zeitnah im größeren Maßstab einsetzbar bewertet.

Scharfe Kritik von Al Gore 

Der frühere US-Vizepräsident und Klimaschutz-Vorkämpfer Al Gore prangerte den Gastgeber wegen dessen Treibhausgasausstoßes angeprangert. "Die Abu Dhabi National Oil Company behauptet noch immer, keine Methanemissionen oder andere vom Transport von Öl und Gas zu haben. Nun, tatsächlich haben sie welche. Wir können sie aus dem Weltraum sehen", sagte Gore am Sonntag im Plenum der Konferenz in Dubai.

 Gore zeigte dabei auf große Bildschirme mit Satellitenbildern von den Orten mit dem größten Treibhausgasausstoß in den VAE. Andere Karten zeigten Pipeline-Lecks. Die Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) wird von Sultan Ahmed Al Jaber geleitet, der Konferenzpräsident der 28. Weltklimakonferenz (COP28) ist. Klimaaktivisten hatte dessen Ernennung in das Amt verärgert.

Gore und der unabhängige Emissionszähler Climate Trace hatten eine Botschaft in Dubai: Niemand kann seinen Treibhausgas-Ausstoß mehr verstecken. Mit einem Netzwerk aus 300 Satelliten und Künstlicher Intelligenz (KI) kann Climate Trace die Emissionen von mehr als 352 Millionen Standorten aus zehn Industriezweigen überwachen.

  Nach den Daten der Gruppe stiegen die Treibhausgas-Emissionen der VAE im Jahr 2022 um 7,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Weltweit stiegen sie nur um 1,5 Prozent.

  Gore lobte indes die Initiative von 50 Öl- und Gasunternehmen, darunter auch Adnoc, ihre Methanemissionen auf "nahezu null" zu reduzieren. Diese Zusage bezeichnete Gore als "wunderbar". "Aber wir werden messen, ob sie diese einhalten oder nicht", kündigte er an.

  Die von Climate Trace am Sonntag veröffentlichten Daten zeigen, dass die weltweiten Treibhausgasemissionen zwischen 2015, dem Jahr des Pariser Klimaabkommens, und 2022 um 8,6 Prozent stiegen. Nur fünf Länder - China, die USA, Indien, Indonesien und Russland, waren für 75 Prozent des Ausstoßes verantwortlich. China allein verantwortete fast die Hälfte des weltweiten Anstiegs. Gore warnte, dass die Länder sich zu einem Ausstieg aus fossilen Brennstoffen verpflichten müssten, wenn die diesjährige Weltklimakonferenz als "historischer" Erfolg gewertet werden solle. Bei dem bis zum 12. Dezember andauernden Treffen laufen harte Verhandlungen zur Zukunft der fossilen Energien.

Der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen sei "die Lösung für die Klimakrise", sagte Gore unter donnerndem Applaus des Publikums.