Chinas Panda-Diplomatie: Herzige Bären als Zuckerbrot
Von Michael Andrusio
Der Staatsbesuch in China neigt sich dem Ende zu, aber das Treffen mit einem Bambus-fressenden Panda in Chengdu wollten sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Kanzler Sebastian Kurz keinesfalls entgehen lassen - handelte es sich dabei doch nicht nur um eine gute Fotogelegenheit. Schon vor der Reise hatten die Österreich bei ihren chinesischen Gegenüber den Wunsch deponiert, China möge wieder einen männlichen Pandabären in den Schönbrunner Zoo entsenden. Ein bescheidenes Ansinnen? Mitnichten. Was Pandas anbelangt, überlässt China nichts dem Zufall. Wer einen will, muss etwas dafür leisten.
Panda-Diplomatie nennt man die Vorgehensweise der Chinesen, ihre Pandas ins Ausland zu verleihen. Bekannt wurde diese Art der Politik vor allem durch den Besuch von US-Präsident Richard Nixon in China 1972, als er vom damaligen Machthaber Mao ein Pandabärenpaar mitbekam, das dann die Besucher des Washingtoner Zoos in Entzücken versetzte.
Schon Ende der 50er Jahre war die Sowjetunion mit Pandas beschenkt worden. Es heißt, dass die Wurzeln dieser Praxis in das 7. Jahrhundert zurückreichen. Damals schenkte die chinesische Kaiserin Wu Zetian Japan zwei Bären.
Eine Studie der Universität Oxford aus dem Jahr 2013 machte deutlich, dass die Panda-Vergabe zunehmend mit dem Handelsvolumen des jeweiligen Landes mit China korreliert. Es ist nicht zuletzt ein Mittel, die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Ausland zu kultivieren. Und um Politik zu machen. Schließlich ist China das einzige der Land der Welt, das diese Bären an Zoos vergeben kann. Dementsprechend kann man sich die Empfänger aussuchen.
Mittlerweile werden die Tiere an ausgewählte Tiergärten aber nur mehr verliehen. Wenn China mit der Politik des beschenkten Landes nicht einverstanden ist, droht der Panda-Entzug. Das hat auch der Schönbrunner Tiergarten vor fünf Jahren erfahren müssen, als China wegen eines Besuchs des Dalai Lama in Österreich verschnupft reagierte und drohte, „Yang Yang“ und Hui Long“ wieder heimzuholen. Die Pandas durften letztendlich bleiben.
Man sagt, dass sich die Kosten auf etwa eine Million Dollar pro Jahr belaufen. Üblicherweise läuft der Leihvertrag für zehn Jahre, mit einer Option auf eine Verlängerung um weitere fünf Jahre. Auch Jungtiere, die im Ausland gezeugt werden, bleiben Eigentum der Volksrepublik. Die Rechnung geht aber ganz offensichtlich auf, die Tiergärten, die mit so einer Attraktion aufzuwarten haben, können nicht über mangelnde Besucherzahlen klagen.
Zur Leihgebühr kommen auch noch Investitionen für artgerechte Gehege und fürs Futter. Pandas ernähren sich von Bambus, das können 60 bis 90 kg pro Tag sein, und gerade die Zoos in nördlichen Breitengraden müssen den möglichst frischen Bambus um viel Geld heranschaffen.
Es ist freilich nicht so, dass alle Länder die „Geschenke“ freudig annehmen. Taiwan verweigerte zunächst die Annahme der Tiere namens Tuan Tuan und Yuan Yuan – nicht verwunderlich, denn übersetzt heißt das „Wiedervereinigung“. Ein taiwanesischer Politiker bezeichnete die Pandas sogar als Trojanisches Pferd, die nur dazu dienen würden, „Taiwans psychologische Verteidigung“ zu brechen. Es nützte nichts. Nach einer Wahl und einem Machtwechsel wurde den Wuschelbären die Einreise ins (nach chinesischer Ansicht abtrünnige) Taiwan gestattet.
In Wien kamen die ersten Pandas 2003 an. Für Aufsehen sorgte vor allem die Geburt von Pandazwilllingen im Jahr 2016, Fu Feng und Fu Ban. Der Vater der beiden, Long Hui, ist 2016 an Krebs verstorben. Nun bemüht sich Österreich, wieder ein Pandamännchen nach Wien zu holen.
Beim Besuch von Bundespräsident Van der Bellen und Bundekanzler Sebastian Kurz in China hat Chinas Staatsoberhaupt Xi den Wunsch der Österreicher jedenfalls „dreimal angesprochen“. Bei einem Besuch in Chengdu durfte die österreichische Delegation das in Frage kommende Panda-Junge Ruji zumindest schon in Augenschein nehmen.