Politik/Ausland

Blinken verschiebt China-Reise wegen "Spionageballon"-Vorfall

US-Außenminister Antony Blinken verschiebt im Zusammenhang mit einem mutmaßlichen chinesischen Spionage-Ballon über den USA eine Reise in die Volksrepublik. Das verlautete am Freitag aus Washingtoner Regierungskreisen. Blinken wolle die Situation nicht aufbauschen, indem er seinen Besuch absage, aber auch nicht, dass der Vorfall seine Treffen mit chinesischen Vertretern dominiere, berichtete ABC News. Blinken sollte ursprünglich am Sonntag nach China reisen.

Aus den Reihen der oppositionellen Republikaner hatte es bereits Aufforderungen an Blinken gegeben, die Visite abzusagen. Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, sprach von einer "dreisten Missachtung der US-Souveränität". US-Präsident Joe Biden dürfe zu dieser "destabilisierenden Aktion" nicht schweigen, forderte er.

China: "Ziviles" Luftschiff

China hat Angaben der USA zuvor bestritten, einen Spionageballon in den Luftraum über den Vereinigten Staaten geschickt zu haben. Dabei handele es sich vielmehr um ein "ziviles" Luftschiff für Forschungszwecke vor allem meteorologischer Art, sagte ein Sprecher des Außenministeriums am Freitag in Peking.

Es sei wegen beschränkter eigener Steuerungsfähigkeit durch starke Westwinde "weit von seinem geplanten Kurs abgekommen". Der Sprecher fügte hinzu: "China bedauert den unerwarteten Eintritt in den Luftraum der USA durch höhere Gewalt." China werde weiter mit den USA kommunizieren und angemessen mit dieser "unerwarteten Situation" umgehen.

Alle Inhalte anzeigen

Der chinesische Spionageballon ist nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums über dem Norden der Vereinigten Staaten gesichtet worden. Es sei eines der aggressivsten Manöver der chinesischen Geheimdienste seit Jahren, schrieb das Wall Street Journal”.

Besuch verschoben

Blinken hätte am Sonntag zur ersten Visite eines US-Außenministers seit Oktober 2018 in Peking aufbrechen sollen. Die Beziehungen sind ohnehin schon angespannt. Bereits am Mittwoch sei der Ballon über dem nordwestlichen Bundesstaat Montana entdeckt worden, teilte Pentagonsprecher Pat Ryder am Donnerstag in Washington mit. Seine Flugbahn werde genau verfolgt.

Dazu seien auch F-22-Kampfjets eingesetzt worden, hieß es in der New York Times. Der Flugverkehr in Montanas größter Stadt Billings sei daher vorübergehend eingestellt worden. Es sei erwogen worden, den Ballon abzuschießen, hieß es aus dem Pentagon. Wegen der von herabfallenden Trümmern ausgehenden Gefahr habe die Regierung sich aber dagegen entschieden.

Auf einem Stützpunkt der US-Luftwaffe im Norden Montanas lagern nach Angaben des Wall Street Journal 150 mit Atomsprengköpfen bestückte Interkontinentalraketen vom Typ Minuteman III. Solche sensiblen Standorte würden in der Regel abgeschirmt, berichtete die Zeitung unter Berufung auf einen hochrangigen Verteidigungsbeamten.

Schon in der Vergangenheit habe es ähnliche Vorfälle gegeben. Der Unterschied sei diesmal, dass sich der Ballon länger als sonst über den USA aufhalte.

Von wo der Ballon gestartet war, war nicht bekannt. Der Ballon sei zuvor über der größtenteils zu Alaska gehörenden Inselgruppe der Aleuten und dann über dem nördlich von Montana angrenzenden Kanada gesichtet worden, berichteten US-Medien. Er bewege sich in Richtung Südosten und werde sich möglicherweise noch mehrere Tage über den USA befinden. Die Kanadier seien in Sicherheit, hieß es aus dem Verteidigungsministerium des US-Nachbarstaates. Mit den USA ergriffen kanadische Geheimdienste "alle notwendigen Maßnahmen", um sensible Informationen vor ausländischen Geheimdiensten zu schützen. Kanada hatte zuvor von einem "möglichen zweiten Vorfall" mit einem Ballon berichtet.