Politik/Ausland

Schon wieder Berlin: Wahl in der Hauptstadt muss wiederholt werden

Was hatten die Berliner damals gezetert. Meterlange Schlangen, die sich auch nach Stunden noch nicht wirklich bewegten; Stimmzettel, die schon am Nachmittag ausgingen; Briefwahlunterlagen, die im Nirwana landeten: Bei der Wahl im September 2021 ging so viel schief, dass nicht mal mehr die Chaos-erprobten Hauptstädter das lustig fanden.

Berlin hatte damals versucht, die Bundestags- und Abgeordnetenhauswahl zugleich abzuhalten – ein Unterfangen, das das Verfassungsgericht in Karlsruhe nun zwei Jahre danach für gescheitert erklärte. Die Richter in Karlsruhe verfügten, dass die Bundestagswahl in einem Fünftel der Stadt neu abgehalten werden muss. Die Begründung: Wahllokale hatten teils komplett geschlossen, in anderen lagen wiederum Stimmzettel auf, die eigentlich in einen anderen Wahlkreis gehörten, und mancherorts durften auch noch spät nach Wahlschluss um 18 Uhr Stimmen abgegeben werden. Da waren im Fernsehen aber längst die Ergebnisse des Urnengangs verkündet worden.

Bitter für die Hauptstadt ist, dass das schon die zweite Wiederholung ist, die die Justiz den Berlinern aufbrummt. Auch die Wahl zum Stadtparlament musste aus denselben Gründen neu abgehalten werden, sie endete vor einem Jahr mit einem Debakel für die damals regierende SPD. Bürgermeisterin Franziska Giffey wurde für das Chaos abgestraft, seither regiert die CDU unter Kai Wegner – erstmals nach 22 Jahren roter Dominanz.

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Linke behalten Mandate

Derartige Umwälzungen sind bei der jetzigen Wiederholung nicht zu erwarten. Im Vorfeld hatten die Bundestagsabgeordneten der Partei Die Linke um ihre Mandate gezittert. Ihre Fraktion hat sich ja durch den Parteiaustritt Sahra Wagenknechts und der darauffolgenden Spaltung der Linkspartei aufgelöst.

Die Bundestagssitze bleiben der Linken aber erhalten, weil die Wahl nicht in ganz Berlin, sondern nur in 455 der insgesamt 2256 Wahlbezirke neu durchgeführt werden muss. Die Stimmenanzahl dort reicht nicht für einen Rauswurf der Linkspartei – betroffen wäre davon auch Partei-Urgestein Gregor Gysi gewesen.

Die anderen Parteien sehen sich in ihrer Kritik am chaotischen Wahlgang bestätigt. Die CDU hatte den Urnengang ja in Karlsruhe angefochten, wollte sogar eine Neuwahl in 1000 Wahlbezirken erreichen.

Berlins Bürgermeister Kai Wegner setzt das vom seiner Partei erstrittene Urteil jedoch unter Druck: Der letztmögliche Termin für die Wiederholung ist der 11. Februar 2024, die regierende CDU darf sich dabei keinen Fehler leisten. Wegner sprach deshalb auch von einer „großen Kraftanstrengung“, die vor ihm und der Stadt liege.

Kein Kommentar

Ex-SPD-Stadtchefin Franziska Giffey, die nach ihrer Abwahl letztes Jahr unter massiver interner Kritik eine Großen Koalition mit Wegner einging, kommentierte den Urteilsspruch inhaltlich gar nicht – obwohl die Kritik freilich ihr galt. Sie ließ nur durchscheinen, dass man mit einer solchen Entscheidung bereits gerechnet hatte und den „anstehenden Wahlkampf in den vergangenen Wochen bereits vorbereitet“ hat. Ab Jänner werde die SPD „einen kurzen, aber intensiven Wahlkampf führen.“