Politik/Ausland

Dritte Ablehnung: Briten stehen an der Hard-Brexit-Klippe

Das britische Unterhaus hat am Freitag zum dritten Mal das EU-Austrittsabkommen von Premierministerin Theresa May abgelehnt. Das Ergebnis war mit 344 Gegenstimmen bei 286 Zustimmungen zwar nicht ganz so deutlich, wie bei den ersten beiden Anläufen (202 zu 432 beim ersten und 242 zu 391 bei der zweiten Abstimmung). Abermals lehnte das Unterhaus das Abkommen aber doch sehr klar ab.

277 Mitglieder der Konservativen haben für das Austrittsabkommen gestimmt. Fünf Labour- und vier fraktionslose Abgeordnete gesellten sich dazu. 236 Labour-Abgeordnete, 34 Konservative, 34 Mitglieder der Scottish National Party, 11 Liberaldemokraten, 11 Mitglieder der neuen Unabhängigen-Gruppe, 10 Mitglieder der nordirischen DUP, 4 Mitglieder der walisischen Plaid Cymru, 1 Grüne und 5 keiner Fraktion Zugehörige stimmten allerdings dagegen. Das berichtet der Guardian.

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Vierter Anlauf theoretisch möglich

Zur Abstimmung stand am Freitag ein Teil des Brexit-Pakets. Nicht dazu gehört die politische Erklärung über die künftigen Beziehungen, die den Vertrag ergänzt. Dadurch könnte Premierministerin May theoretisch noch einen vierten Anlauf wagen, was die dem Vernehmen nach auch machen will.

Unterschiedliche Teile der britischen Opposition haben als Folge der Abstimmung zu Neuwahlen, einem zweiten Referendum und dem Zurückziehen des Austrittsgesuch aufgerufen. Labour-Chef Jeremy Corbyn forderte Mays Rücktritt. Diesen hatte May selbst für den Fall einer für sie erfolgreichen Abstimmung angeboten.

Zurück zum Start

Am Montag will May mit den Abgeordneten in London erneut nach einem Weg aus der Blockade suchen. Die 62-Jährige hat ihren Rücktritt angeboten für den Fall, dass ihr Abkommen angenommen wird. Auch Alternativ-Vorschläge lehnten die Abgeordneten diese Woche mehrheitlich ab.

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EU-Kommission: No-Deal-Brexit wahrscheinlicher

EU-Ratspräsident Donald Tusk hat unmittelbar nach der Abstimmung angekündigt, für 10. April einen Sondergipfel einzuberufen. Nach aktuellem Stand wird Großbritannien die EU am 12. April verlassen. Eine weitere Verschiebung bräuchte die Zustimmung aller anderen 27 EU-Mitgliedsstaaten.

Nach der Ablehnung des Brexit-Vertrags im britischen Unterhaus hält die EU-Kommission jetzt einen britischen EU-Austritt ohne Vertrag am 12. April für wahrscheinlich. Dies teilte ein Kommissionssprecher am Freitagnachmittag mit. Man bedauere das Votum, erklärte der EU-Kommissionssprecher. Es sei an Großbritannien zu erklären, wie es weitergehen könnte.

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"Die EU wird vereint bleiben", betonte der Sprecher. Die Gemeinschaft sei auf einen Austritt Großbritanniens ohne Vertrag gut vorbereitet. Die Vorteile des Austrittsvertrags, darunter die vorgesehene Übergangsphase bis Ende 2020, würden bei einem ungeregelten Austritt keinesfalls mit angeboten. Einzelne "Mini-Deals" seien keine Option.

"Ich bedauere die erneute Ablehnung des Austrittsabkommens. Wir treten weiterhin für einen geordneten Brexit ein, auch wenn dieser nun immer unwahrscheinlicher wird", sagte auch Bundeskanzler Sebastian Kurz in einer Aussendung.

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EU-Gegner demonstrieren vor Parlament

Mehrere Tausend Brexit-Anhänger haben am Freitag vor dem Parlament in London für den EU-Austritt demonstriert. Unter ihnen waren auch viele Mitglieder der EU-feindlichen Ukip-Partei sowie ihr früherer Chef Nigel Farage, der nun die "Brexit Party" anführt. Auf Plakaten standen Sprüche wie "Der kleine Mann gegen die Elite".

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