Politik/Ausland

Blitzstart einer jungen Wienerin ins Zentrum der EU-Politik

Die vielen Überstunden, oft bis tief in die Nacht – und dann: Ergebnis abgelehnt. „Damals war ich sehr enttäuscht“, erzählt Florentine Hopmeier. Es war das erste Großprojekt der jungen Österreicherin für ihre Arbeit in der Europäischen Kommission. Unermüdlich  hatte die damals  25-Jährige für das Auftragsziel hingearbeitet: Vereinfachung der Euro-Münzen-Produktion, um Überschüsse zu vermeiden. Doch die EU-Staaten entschieden anders. Die Produktion blieb wie gehabt - und  damit auch der Überbestand.

Zwei Ratschläge ihres Chefs in der Generaldirektion „Wirtschaft und Finanzen“ (ECFIN) hat sich Florentine  beherzigt: Zurückgewiesene Ergebnisse nicht persönlich zu nehmen und vor allem: „In der Kommission arbeitet man oft auf lange Sicht. Wenn ein Projekt durchfällt, kann es später durchaus wieder kommen“, weiß  Hopmeier mittlerweile. Zum Beispiel: Eine rationalere Produktion, vor allem  der kleinen Euro-Münzen ist zumindest in einigen EU-Staaten wieder ein Thema.

Alle Inhalte anzeigen

Doch die gebürtige Wienerin arbeitet mittlerweile auf einem anderen Gebiet: Sie ist Mitglied im Kabinett von EU-Kommissions-Vizepräsident Jyrki . Außergewöhnlich ist das in der an hochtalentierten Europäern nicht gerade armen EU-Kommission nicht nur wegen ihrer jungen 28 Jahre. Die  Absolventin eines Doppelstudiums in Nancy, London und Paris –  Politikwissenschaft und Betriebswirtschaftslehre – ist zudem die einzige Österreicherin in einem Mitarbeiterteam eines EU-Kommissars. (Ausgenommen das Kabinett um den österreichischen Kommissar Johannes Hahn, in dem mehrere Österreicher arbeiten)

Begonnen hat alles mit einem fünfmonatigen Praktikum in der Kommission in Brüssel. Dabei hinterließ die patente Studentin offenbar solch einen guten Eindruck, dass ihr dort später ein Job  angeboten wurde. Ein langsames in den Berufseinstieg Hineinwachsen gab es nicht. „Es war die Zeit des Grexit, Höhepunkt der Finanzkrise, und ich durfte gleich von Anfang an mit anpacken“, erzählt Hopmeier. „Da  hat es sich ausgezahlt, dass ich an der Uni gelernt habe, wie Banken genau funktionieren oder wie sie abgewickelt werden.“ Und genauso wichtig: Perfektes Französisch – aber das war für die ehemalige Schülerin des Lycée francais in Wien sowieso nie ein Problem.

12-Stunden-Tage sind die Regel

Und zu lernen galt es auch:12-Stunden-Tage sind hier, in der Kommission, eher die Regel denn die Ausnahme. Das ist auch im Kabinett ihres Kommissars aus Finnland nicht anders. Florentine Hopmeiers Aufgabe ist es, die Treffen und Konferenzen des früheren finnischen Premiers Katainen vorzubereiten und nachzubetreuen.
Eigenständig hat sie ihre Hintergrundarbeit  zu leisten, Texte und Dokumente zu erstellen,  EU-Parlamentarier zu treffen, Mitarbeiter der Europäischen Investitionsbank und nun auch Vertreter der österreichischen Ratspräsidentschaft.

Ein Schwerpunkt ihrer Arbeit gilt auch dem sogenannten „Juncker-Fonds“. Dieser „Europäische Fonds für Strategische Investitionen“ (EFSI) wurde nach der Finanzkrise entwickelt, um risikoreiche Investitionen in Europa wieder anzukurbeln. „Da habe ich von Anfang an mitgearbeitet“, erinnert sie sich. Die finanzkundige Wienerin ist eine der Verbindungspersonen zwischen Kommission und der Europäischen Investitionsbank, die die milliardenschweren Mittel des Fonds ausschüttet.

„Die Tage sind lang“, erzählt sie. Aber so begeistert, wie die junge Österreicherin ihren Job schildert,  hört es sich an, als könne der Druck ihr  wenig anhaben. Im Gegenteil:  Mitten drinnen im Geschehen, im Herzen der europäischen Politik zu sein, „das ist irrsinnig spannend“, sagt sie und strahlt.

Alle Inhalte anzeigen

Und doch ist die junge Österreicherin mit dem steilen Zug nach oben und dem herzlichen Lachen auf dem Boden geblieben. Am liebsten entspannt sich die Tochter eines Wiener Juristen-Ehepaars beim Kochen. Hin und wieder holt sie sich ihre Ruhemomente auch mit einer schnellen Mittags-Laufrunde im Brüsseler Jubelpark, gleich neben der EU-Kommission. „Erst gegen fünf Uhr am Nachmittag, wenn der Großteil der normalen Arbeit erledigt ist, beginne ich die Reden für Kommissar Katainen zu schreiben. Dafür brauche ich einfach ein bisschen mehr Ruhe. Dann darf das Telefon nicht mehr ewig läuten. Dann sitzt man halt bis acht oder neun Uhr am Abend.“

Alle Inhalte anzeigen

Kein Job für die Ewigkeit

Dass auch einer engagierten 28-Jährigen der Druck manchmal zu viel sein kann, will Florentine gar nicht leugnen. „Dann schalte ich daheim  mein ipad ein und mache nach Anleitungen von Youtube erst einmal 20 Minuten Yoga.“ Die Wochenenden sollen möglichst frei von Arbeit bleiben – für die Besuche beim in Paris lebenden Freund.
Aber die nächste Herausforderung wartet bereits. Ein Job im Team eines EU-Kommissars ist kein Job für die Ewigkeit. Er endet, sobald der Kommissar aus seinem Amt geht. Bis spätestens Herbst kommenden Jahres muss sich deshalb auch Florentine Hopmeier neu um einen Arbeitsplatz umschauen. Herausforderungen mag sie ja.