"Bin wütend": US-Polizisten solidarisieren sich mit Demonstranten
Von Irene Thierjung
Demonstranten mit „Ich kann nicht atmen“-Plakaten auf der einen Seite. Mit Schlagstöcken, Schutzschilden und Helmen bewehrte Polizisten auf der anderen: Diese Bilder dominierten die ersten Tage der landesweiten Proteste, die die USA seit einer Woche erschüttern.
Doch mit Fortschreiten des Aufstands gegen Rassismus und Polizeigewalt und angesichts der Drohungen von US-Präsident Donald Trump gegen die zumeist friedlichen Demonstranten zeigen immer mehr Beamte, auf welche Seite sie eigentlich stehen.
In sozialen Medien häufen sich Solidaritätskundgebungen uniformierter Polizisten mit den Aktivisten sowie Aufrufe gegen Hass und Gewalt.
Jeder Polizist, der nicht über den Tod von George Floyd nach einem brutalen Polizeieinsatz empört sei, solle seine Dienstmarke zurückgeben, twitterte der Polizei-Chef von Chattanooga im Bundesstaat Tennessee, David Roddy.
Mit dieser Einstellung ist Roddy nicht allein. „Ich bin wütend“, rief der Polizeichef der texanischen Großstadt Houston, Art Acevedo, bei einer Demonstration umstehenden Menschen zu.
In einer emotionalen Rede sprach Acevedo davon, dass „farbige Menschen“ und Einwanderer wie er die USA aufgebaut hätten und sich nicht vertreiben ließen.
Emotionale Rede eines Polizeichefs
In Los Angeles begab sich ein Polizeikommandant in eine friedliche Demonstrantenmenge, nahm seinen Helm ab und rief die Menschen mit einem Megafon auf, weiterhin auf Gewalt zu verzichten: „Ich verspreche, dass ihr dann auch keinen Polizisten gegenüberstehen werdet.“
Dann macht er – festgehalten von einer TV-Kamera – etwas, wofür er und Dutzende anderen Polizisten in New York, Washington, Miami und anderen Städten derzeit bejubelt werden: Er kniet sich hin und übernimmt damit eine zentrale Geste der Protestbewegung.
In bewegenden Aufnahmen aus anderen Städten ist zu sehen, wie Polizisten mit Demonstranten friedlich diskutieren, auf sie zugehen, sie umarmen oder mit ihnen beten. Manche, wie auch Houstons Polizeichef Acevedo, nehmen sogar an den Protestzügen teil.
Polizisten setzen ein Zeichen
In Flint Township im Bundesstaat Michigan legte Sheriff Chris Swanson Helm und Schlagstöcke ab und schloss sich den Demonstranten an.
„Ich möchte dies zu einer Parade machen, nicht zu einem Protest“, sagt er in einem vielfach geteilten Video. „Der einzige Grund, warum wir hier sind, ist sicherzustellen, dass Ihr eine Stimme habt. Das ist alles.“