Bidens erste Rede an Europa: Ein dicker Schlussstrich unter die Ära Trump
Alles anders unter Joe Biden: Der neue US-Präsident hat die Partnerschaft der Vereinigten Staaten mit Europa als „Grundpfeiler“ der amerikanischen Außenpolitik bezeichnet und sich klar zur Nato bekannt. „Amerika ist zurück. Die transatlantische Allianz ist zurück“, sagte er am Freitag bei der Münchner Sicherheitskonferenz. „Und wir schauen nicht zurück. Wir schauen gemeinsam nach vorne.“
Biden zog damit einen dicken Schlussstrich unter die Ära seines Vorgängers Donald Trump, in der die Beziehungen zwischen den USA auf einen Tiefpunkt abgesackt waren. „Ich weiß, die vergangenen Jahre haben unser transatlantisches Bündnis belastet und auf die Probe gestellt. Aber die Vereinigten Staaten sind entschlossen, wieder mit Europa zusammenzuarbeiten“, sagte Biden. Ein freies, wohlhabendes und friedliches Europa sei weiterhin ein Kerninteresse der Vereinigten Staaten.
Kurswechsel
Bidens Vorgänger Donald Trump hatte internationale Verträge gekündigt, den Vorteil des eigenen Landes zur Maxime gemacht und Verbündete reihenweise verprellt. Auch das Verhältnis zu Deutschland wurde unter Trump zunehmend frostig. Der neue US-Präsident will nun einen Kurswechsel einleiten. Er setzt sich für die Rückkehr in internationale Organisationen und Abkommen ein und will wieder stärker mit den traditionellen US-Verbündeten zusammenarbeiten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm in ihrer Antwort auf die Rede Bidens die ausgestreckte Hand an. „Deutschland steht für ein neues Kapitel der transatlantischen Partnerschaft bereit.“ Sie bot dem neuen US-Präsidenten mehr Engagement - auch militärisch - besonders in der europäischen Nachbarschaft an. Sie bekannte sich zudem klar zu dem Nato-Ziel, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. In diesem Jahr wird Deutschland trotz einer deutlichen Steigerung vermutlich bei 1,5 Prozent liegen.
Nato-Bekenntnis
Für Trump waren die aus seiner Sicht mangelnden Militärausgaben einer der stärksten Kritikpunkte an Deutschland. Biden begrüßte dagegen, dass europäische Staaten nun mehr in ihre militärischen Fähigkeiten und damit in die „gemeinsame Verteidigung“ investierten. Er verzichtete in seiner ersten Rede an ein europäisches Publikum ganz auf konkrete Forderungen an Deutschland oder andere Bündnispartner.
Stattdessen bekannte er sich - anders als Trump in den vergangenen vier Jahren - klar zur Nato: „Die Vereinigten Staaten sind unserer Nato-Allianz voll und ganz verpflichtet.“ Die USA würden der Verpflichtung zum militärischen Beistand nachkommen. „Ein Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle.“
Unter Bidens Vorgänger Donald Trump war das Verhältnis zwischen den USA und der Nato äußerst angespannt. Trump hatte ohne Rücksicht auf die Folgen mehrfach Zweifel daran geweckt, ob die USA im Ernstfall ihrer Verpflichtung zum militärischen Beistand nachkommen würden. Hinzu kamen die nicht abgesprochene Ankündigung eines Rückzugs von US-Truppen aus Deutschland und andere Alleingänge. Zum Entsetzen der Alliierten drohte Trump sogar mit dem Nato-Austritt.
Ja zu Iran-Verhandlungen
Auch in puncto Iran schwenkte er um: Er hat die Bereitschaft der USA zu neuen Verhandlungen über das iranische Atomprogramm bekräftigt. Die Bedrohung durch die Verbreitung von Atomwaffen erfordere "sorgfältige Diplomatie" und internationale Zusammenarbeit, sagte Biden am Freitag in einer Videoschaltung der Münchner Sicherheitskonferenz. "Wir brauchen Transparenz und Kommunikation, um das Risiko von strategischen Missverständnissen oder Fehlern zu minimieren."
Die USA würden eine mögliche Einladung des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zu einem Treffen mit Vertretern des Irans und der übrigen sechs Vertragsstaaten annehmen, um gemeinsam nach einer diplomatischen Lösung zu suchen, hieß es. Daraufhin schloss auch der Iran am Freitag ein Treffen nicht aus. Ein Sprecher des Außenministeriums forderte allerdings, dass die USA zuvor die während der Amtszeit von Präsident Donald Trump eingeführten Sanktionen gegen Irans Wirtschaft wieder aufheben müssten.
Biden sprach als erster US-Präsident bei einer Münchner Sicherheitskonferenz. Das weltweit bedeutendste Expertentreffen zur Sicherheitspolitik sollte eigentlich drei Tage dauern und im Hotel Bayerischer Hof in München stattfinden. Wegen der Corona-Pandemie wurde daraus nun eine digitale Veranstaltung, zu der sich die Teilnehmer per Video zuschalteten. Eine physische Konferenz soll - soweit die Pandemie es zulässt - später im Jahr nachgeholt werden.