Biden reiste nach Kenosha - und machte alles anders als Trump
Der demokratische Präsidentschaftsanwärter Joe Biden hat am Donnerstag ebenfalls die US-Kleinstadt Kenosha besucht. Der Besuch von Joe Biden steht im Kontrast zu Donald Trumps Kenosha-Besuch von Dienstag. Während der US-Präsident Mittel für die Polizei und den Wiederaufbau versprach, suchte sein Herausforderer den Dialog und sprach zum Thema Polizeigewalt sowie Rassismus.
Ex-Vizepräsident Biden kündigte erst am Mittwoch überraschend medial an, ebenfalls nach Kenosha reisen zu wollen. Joe Biden traf mit seiner Frau Jill Biden in der knapp 100.000-Einwohner-Stadt im US-Bundesstaat Wisconsin ein, die in Folge der jüngsten Eskalationen zu einem Spielball im US-Wahlkampf geworden war.
Biden dürfte den Angaben zufolge zunächst mit der Familie des Schussopfers Jacob Blake geredet haben. Anschließend, am frühen Nachmittag, war Biden in der "Grace Lutheran Church" für eine Gemeindeversammlung unter Social Distancing zu Gast. Nur wenige ausgewählte Gäste waren bei der an eine "Town Hall" erinnernde Veranstaltung in einem mehrheitlich afroamerikanischen Ortsteil Kenoshas zugelassen.
Biden distanzierte sich von den Plünderungen und der jüngsten Gewalt in Kenosha, und erwähnte eine nationale Kommission zum Thema Polizeiarbeit, um nicht zuletzt Konsequenzen aus den in Kenosha vorgefallenen Ereignissen zu ziehen. "Wir werden uns gemeinsam hinsetzen und das lösen. Ein signifikanter Teil der Polizei sind gute Leute", so Biden.
Der Spitzenkandidat der Demokraten attackierte außerdem Präsident Trump und erwähnte die fatale Covid-Bilanz der USA sowie den Unwillen der Administration, Verantwortung zu übernehmen.
Telefonat mit Blake
Biden, der eigenen Angaben zufolge am selben Tag auch mit Jakob Blake telefoniert haben dürfte, positionierte sich in Kenosha als starker Befürworter von Racial Equity - also schwarzen Amerikanern die gleichen Chancen wie weißen Amerikanern einzuräumen. "Diese Generation ist am wenigsten mit Vorurteilen behaftet, am meisten optimistisch, am meisten ausgebildet und am meisten nach Veränderung strebend - und wir dürfen sie nicht enttäuschen", so Biden.
"Es hat nicht nur mit Jacob (Blake, Anm.) angefangen - wir wollen Veränderung!", so die dreifache Mutter Portia Bennett, die eine der Gastrednerinnen war, gegenüber Biden während der Veranstaltung. "Wir hören so viele Leute sagen - wir geben euch dies, wir geben euch das - wir haben aber noch nichts davon gesehen."
Shawnell (45) aus Kenosha, der nicht bei der Veranstaltung zugegen war, sieht Bidens Erscheinen in der Stadt unterm Strich positiv. "Es ist eine gute Sache. Es ist aber auch ein Wahljahr". So hätte Trump nicht mit der Familie Blake geredet, und Biden würde nun einfach die Konsequenz draus ziehen. "Ich wünschte, sie würden diese Dinge nicht nur als Schritte im Wahlkampf sehen", meint Shawnell, der ebenfalls Afroamerikaner ist. "Wenn alle Kameras weg sind, dann leben wir aber immer noch so wie zuvor".
Dave (49) aus Kenosha, stand mit seiner Familie wie knapp 150 andere Besucher vor der Grace Lutheran Church. "Trump hat Amerika belogen. Biden hat im Gegenzug wirklich Dinge für Amerika getan, dem ist das wichtig", erklärte Dave und wurde dabei von seiner Tochter ergänzt. "Selbst wenn ich mit Trumps Politik auf einer Linie wäre, würde ich nicht für ihn wählen, basierend auf seinem Charakter."
Kurz vor halb vier fuhr die Autokolonne von Biden unter "Let's-Go-Joe-Rufen" wieder ab. "Er hat einen besseren Job als Trump geleistet", meint Ashton (27) der vor der Kirche gewartet hatte, um einen Blick auf den Spitzenkandidaten zu erhaschen. Ashton ist afroamerikanischer Abstammung, wohnt seit drei Jahren in Kenosha und kannte Jacob Blake persönlich.
Rapper Meezie (20) hatte ebenfalls vor der Kirche gewartet und hat Biden sogar gesehen, wie er die Grace Lutheran Church betreten hatte. Den direkten Vergleich mit Trump scheut er. "Beide haben uns ihre Angebote gemacht, wer der Präsident sein könnte." In Anbetracht der beiden Besuche der Spitzenkandidaten rechnet Meezie, der ebenfalls Jacob Blake persönlich kannte, hinsichtlich der Wahl im November jedoch mit einem stärkeren Abschneiden der Republikaner. "Wisconsin wird ein Trump-Staat sein".
Trump kümmerte sich um Opfer von Vandalismus
Erst am Dienstag hatte US-Präsident Trump die Kleinstadt Kenosha besucht. Trump hatte seine Unterstützung für die lokalen Gesetzeshüter im Kampf gegen Brandstiftung und Gewalt betont und mehrfach linke Agitatoren dafür verantwortlich gemacht. Trump hatte zudem finanzielle Mittel für die Ordnungskräfte sowie für von den Plünderungen betroffene Geschäfte versprochen.
Nach Bidens Besuch, der von Corona-Vorsichtsmaßnahmen geprägt war, spottete Trump: "Es war niemand da!"