Politik/Ausland

Besser qualifizierte Immigranten als Hoffnung

Das Straßenbild in den Fußgängerzonen deutscher Großstädte mit vielen offenbar arbeitslosen Migranten aus der Türkei und dem Nahen Osten ist nicht mehr die ganze Wahrheit. Mittlerweile sind unter den Neuzuwanderern mehr Hochqualifizierte als in der einheimischen Bevölkerung. Doch die sieht man dort nicht: Sie arbeiten in vielen guten Jobs oder studieren. Sie sind auch die Hoffnung der Wirtschaft auf Fachkräfte angesichts der sonst schrumpfenden Bevölkerung.

Eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB von der staatlichen Arbeitsagentur hat festgestellt, dass 43 Prozent der 2009 Eingewanderten einen Hochschul-, Meister- oder Technikerabschluss mitbrachten. Im Vergleich zu 2000 hat sich diese Quote fast verdoppelt. Der deutsche Durchschnitt liegt bei 26 Prozent. Zugleich stieg der Anteil der Studenten an den Neueinwanderern von 14 auf 23 Prozent.

Der Trend, der laut Experten ungebrochen ist, hat mehrere Ursachen. Die wichtigste ist die EU-Erweiterung des vergangenen Jahrzehnts und die Stärke der deutschen Wirtschaft. Denn mittlerweile stammen 70 Prozent der Neueinwanderer aus der EU: Die Arbeitsuchenden aus den neuen Mitgliedsländern wanderten zuerst nach Westeuropa, kamen aber nach dessen Wirtschaftskrise nach Deutschland. Derzeit stammen nur sechs Prozent der ausländischen Arbeitsuchenden aus Drittstaaten, 23 Prozent der Einwanderer sind immer noch nachziehende Angehörige früherer Immigranten und Studierenden.

Wie Rot-Weiß-Rot-Karte

Laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln verfügten zwölf Prozent der Neueinwanderer 2009 sogar über eine sogenannte Engpassqualifikation, also in Medizin oder einem der technisch-mathematischen Fächer, die von Deutschen zunehmend als zu mühsam empfunden werden. Sie füllen die Lücken auf dem Arbeitsmarkt und stabilisieren die sonst noch rascher defizitären Sozialversicherungen.

Die Bertelsmann-Stiftung als Auftraggeber der IAB-Studie fordert daher mehr Erleichterungen als bisher für qualifizierte Einwanderer, denn der Zuzug nach Deutschland werde nicht anhalten, wenn die Krise vorbei ist: Deutschland gelte noch immer als integrationsfeindlich und überbürokratisiert.

Für die Praxis schlägt die Bertelsmann-Stiftung zur Vereinfachung von Einwanderung und Einbürgerung nach dem Vorbild Kanadas ein Punktesystem, und dem Österreichs eine „Schwarz-Rot-Gold-Card“ vor, ähnlich auch der US-„Greencard“.