Politik/Ausland

Lieber Badminton als Sex: Hongkong mit neuem Sexratgeber an Junge

"Soll ich dir noch meine Briefmarkensammlung zeigen?" Schon in den 1950er Jahren handelte es sich bei dieser Frage nur in den seltensten Fällen um ein Zwiegespräch unter Philatelisten, sondern vielmehr um die verhüllende Frage nach Sex. 

In China, Hongkong und Taiwan verwenden Jugendliche häufig die Redewendung "meiner Katze beim Rückwärtssalto zuzusehen" als Umschreibung für intime Zweisamkeit. Jüngst ist ein neuer Spruch hinzugekommen: "Ich will mit dir Badminton spielen."

Mitgeprägt hat diesen lockeren Spruch das Bildungsbüro in Hongkong, wenn auch nicht ganz gewollt. In einem 70-seitigen Dokument veröffentlichte die Behörde neue Richtlinien für die Sexualerziehung von Schülerinnen und Schülern. Um vorehelichen Sex und andere "intime Verhaltensweisen" zu vermeiden, wird jungen Männern darin geraten, weiterzulernen oder sich mit etwas anderem zu beschäftigen - zum Beispiel Badminton zu spielen. Darüber berichtete die New York Times.

"Freunde mit Badminton"

"Ist Badminton die Antwort Hongkongs auf sexuelle Impulse bei Schülern?" fragte daraufhin die South China Morning Post am Wochenende in einer Schlagzeile. Die Jugendlichen in Hongkong amüsieren sich über die Situation: Statt von "Freunden mit gewissen Vorzügen" ist mittlerweile in den sozialen Medien von "Freunden mit Badminton" die Rede.

"Es ist normal, sexuelle Fantasien und Wünsche zu haben, aber wir müssen erkennen, dass wir die Herrscher über unsere Wünsche sind und zweimal nachdenken sollten, bevor wir handeln, und unsere Wünsche kontrollieren, anstatt von ihnen kontrolliert zu werden," heißt es in den neuen Unterlagen zur Sexualerziehung. 

Weitere Tipps darin: Während einige Jugendliche masturbieren, könne man sexuelle Impulse vermeiden, indem man zum Beispiel keine Pornografie oder entsprechenden Inhalte in Zeitschriften oder Websites konsumiert. Schülerinnen und Schüler sollten "sexy Kleidung" meiden, da sie zu "visueller Stimulation" führen könnte.

Kritiker halten die Richtlinien für unverantwortlich. Diana Kwok, Professorin für Geschlechterstudien an der Education University of Hong Kong, sagte der South China Morning Post, dass die Behörden nicht die Notwendigkeit betonen sollten, die sexuelle Entwicklung zu kontrollieren, sondern den Jugendlichen beibringen sollten, wie man ihr begegnet oder sie versteht. Doris Tsz-Wai Chong, Geschäftsführerin der Association Concerning Sexual Violence Against Women, die in lokalen Schulen tätig ist, warnt vor Geschlechterstereotypen. Die Vorstellung, dass die Kleiderwahl einer Person "visuell stimulieren" oder sexuelle Übergriffe provozieren könne, fördere zudem "schädliche Vergewaltigungsmythen," so Chong.

Bildungsministerin Christine Choi verteidigte die neuen Richtlinien. Sie würden eine Art moralisches Gebot darstellen und junge Menschen, insbesondere im Alter von 12 bis 14 Jahren, schützen.