Politik/Ausland

Griechen wollen wieder mit "Institutionen" reden

Auch in einer Debatte, die sich um Milliarden Euro dreht, können einzelne Worte als Gradmesser für den Fortschritt herhalten: Dass etwa bei der Sitzung der Eurogruppe Montagnachmittag wieder viel von der „Troika“ die Rede war, galt als schlechtes Zeichen. Als Signal für einen „Neustart“ der Zusammenarbeit zwischen Griechenland und der Eurozone hatten die Euro-Finanzminister das „T-Wort“ zuletzt vermieden und nur von „den Institutionen“ gesprochen. Jetzt ist die bei den Griechen verhasste Troika in den Wortschatz mehrerer Kassenhüter zurückgekehrt – ein Ausdruck der allerorts steigenden Frustration mit der griechischen Regierung.

Die Botschaft der Eurozone ist klar: Athen muss handeln – und zwar schnell. „Wir haben mehr als zwei Wochen verloren, in denen sehr wenige Fortschritte gemacht worden sind“, sagte der niederländische Finanzminister und Vorsitzende der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem. „Die richtigen Gespräche haben noch nicht angefangen.“

Zahlen, bitte

Vor zwei Wochen hatte sich die Eurogruppe mit Griechenland auf die Verlängerung des aktuellen Hilfsprogrammes geeinigt. Seitdem, klagen mehrere Minister der Eurozone, sei nicht mehr viel passiert. Die Reformliste Athens etwa, die die Grundlage für weitere Milliardenzahlungen ist, wurde nicht mehr präzisiert. „Von den 20 Maßnahmen, die die Griechen ergreifen mussten, haben sie sechs präsentiert“, sagt Dijsselbloem.

Dazu kommt, dass man noch immer nicht weiß, wie es um die griechischen Staatsfinanzen wirklich bestellt ist. „Wir erwarten eine Klarstellung, wie Griechenland die Zahlungen, die im März anfallen, bedienen will“, sagte Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling. Athen muss in den kommenden Wochen Verpflichtungen von rund 6,85 Milliarden Euro erfüllen.

Hintergrund des Stillstands ist, dass die Gespräche auf Experten-Ebene stocken: Obwohl Athen die nächste Rate der Euro-Hilfsgelder früher als geplant erhalten will, ist man noch immer nicht mit den Vertretern der Geldgeber (EU-Kommission, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds) zusammengetroffen. „Wir haben zwei Wochen damit verbracht, darüber zu reden, wer wen wo trifft – das ist völlige Zeitverschwendung“, sagte Dijsselbloem.
Das ist nun der nächste Schritt: Ab Mittwoch sollen die Reform-Gespräche wieder laufen; das erste Treffen soll in Brüssel stattfinden. Bei Bedarf können die Experten aber auch wieder nach Athen reisen. Dennoch war Varoufakis überzeugt, dass es in Griechenland nicht wieder zu "demütigenden" Besuchen der Troika kommt. Am Freitag wird dann Premier Alexis Tsipras bei Kommissionschef Jean-Claude Juncker erwartet.

Bei den hochkarätigen Brüsseler Treffen über die Themen der Weltpolitik ist es Usus, vor Eintritt in das jeweilige Konferenzgebäude Journalisten Rede und Antwort zu stehen. So auch am Montag, als sich die EU-Finanzminister trafen, um gemeinsam mit Griechenland einmal mehr die Schuldenkrise zu beraten. Mit dabei auch Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling, der auch zu Österreichs Hypo/Heta-Malaise befragt wurde. Doch eine Frage schien Schelling nicht zu gefallen. Nach Beendigung des Interviews ging er samt Entourage ins Gebäude. Doch drinnen wurde noch ein Statement aufgezeichnet - ohne, dass es Schelling mitbekam.

Auf die Frage einer Journalistin, ob es fair sei, wenn Kosten für die Hypo/Heta-Abwicklung auf belgische und deutsche Steuerzahler abgewälzt werden, sagte Schelling: "Das wäre ungefähr die gleiche Frage, wie wenn Sie fragen, ob es fair ist, dass die Europäische Union 230 Mrd. (Euro) in Griechenland finanziert, von dem wir nicht wissen, was zurückkommt." Im Gebäude dann sagte er zu seinen Mitarbeitern: "Blöder geht's ja nicht". Zu sehen ist das ganze nun im Video auf der Homepage der EU-Kommission - siehe die letzten 15 Sekunden:

Doch die Eurogruppe sorgt sich auch: Sie gab am Montag eine Mahnung für die Einhaltung des Budgetpfads im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Österreich riskiere eine "signifikante Abweichung" der notwendigen Anpassungen und es seien "keine wesentlichen zusätzlichen Maßnahmen" ergriffen worden, um die seit Dezember 2014 bekannten Risiken zu entschärfen.

1. STEUERWÄCHTER: Athen will einen Budgetrat (Fiscal Council) einrichten. Er soll als "unabhängiger Wächter" die Haushaltspolitik des Staates kontrollieren und auch Prognosen erstellen.

2. OBERGRENZEN FÜR AUSGABEN: Auf allen Ebenen der Verwaltung sollen Obergrenzen eingeführt werden, um die Ausgaben zu begrenzen. Vierteljährliche Kontrollen seien vorgesehen. Dadurch soll die Haushaltsplanung verbessert werden.

3. KAMPF GEGEN STEUERBETRUG: Die Kultur der Steuervermeidung sei "tief in der griechischen Gesellschaft verwurzelt". Dies betreffe vor allem auch die Mehrwertsteuer. Weil es an Steuerinspektoren mangele, soll eine große Zahl normaler Bürger wie Studenten, Haushälterinnen, auch Touristen für nicht mehr als zwei Monaten angeworben werden, um auf Stundenlohnbasis Steuersünder zu überführen. Zum Beispiel sollen sie in Tavernen darauf achten, ob Quittungen ausgestellt werden.

4. STEUERRÜCKSTÄNDE: Die Steuerrückstände der Griechen sind laut Finanzministerium immens: Insgesamt 76 Mrd. Euro, von denen aber nur ein Bruchteil als einziehbar gilt. Um säumige Bürger anzuhalten, ihre Steuern zu zahlen, sollen diejenigen, die noch im März ihre Steuerschuld begleichen, einen Nachlass bekommen.

5. GLÜCKSSPIELEINNAHMEN: Von der Lizenzvergaben und Gebühren für Glücksspiele im Internet erhofft sich die Regierung erhebliche Einnahmen. Geschätzt belaufe sich der Markt auf mehr als 3 Mrd. Euro jährlich. Über 500 Mio. Euro Steuereinnahmen seien jährlich durch die Besteuerung von den lizenzbetriebenen Online-Glücksspielen drin.

6. BÜROKRATIEABBAU: Die öffentliche Verwaltung soll nicht mehr Daten oder Nachweise von Bürgern und Unternehmen doppelt und dreifach verlangen können. Der Datenaustausch soll verbessert werden, durch beispielsweise eine Bürger-Smartcard.

7. LEBENSMITTELKARTEN: Um die "humanitäre Krise" zu bekämpfen, sind verschiedene Maßnahmen geplant. Die Ärmsten sollen beispielsweise Lebensmittelmarken (food stamps), kostenlos Strom und Zuschüsse zu Mieten erhalten. Insgesamt werden die Ausgaben dafür mit 200 Mio. Euro