Australien: Wahlkampf zwischen Wohlstand und Klimawandel
Von Armin Arbeiter
„Jetzt ist nicht die Zeit für eine schwächere Wirtschaft, nicht die Zeit für unnötige Experimente, die unsere Wirtschaft unter Druck setzen, während wir uns den derzeitigen Herausforderungen stellen müssen.“ Australiens konservativer Premier Scott Morrison sieht diese in Form des Handelskrieges zwischen den USA und China – nicht im Klimawandel, der laut Umfragen die größte Sorge der knapp 25 Millionen Australier ist.
Klimaschäden
Das größte Korallenriff der Welt – das Great Barrier Reef – bleicht aus, im Landesinneren kam es vergangenen Sommer zu Hitzewellen bis knapp 50 Grad, die Durchschnittstemperatur betrug mehr als zwei Grad Celsiusmehr als früher. Die Labor-Partei hat sich in ihrem Wahlkampf diese Thematik auf die Fahnen geheftet, fordert eine Reduktion von Treibhausgasen um 45 Prozent bis 2030.
Auch die Kohlesteuer will Spitzenkandidat Bill Shorten wieder einführen, nachdem die Konservativen sie abgeschafft hatten. „Ich verspreche, dass wir in puncto Klimawandel eine Botschaft an die Welt schicken werden – Australien ist zurück im Kampf“, kündigte er bei einem Wahlkampfauftritt an.
Die Klimapolitik ist schon seit mehr als einem Jahrzehnt Streitpunkt zwischen den beiden großen Lagern, den konservativen Liberalen (derzeit in einer Koalition mit der Nationalen Partei) und den Labor-Sozialdemokraten. Dass sie zu einem so wichtigen Wahlkampf-Thema wurde, gab es noch nie.
Das mag auch damit zusammenhängen, dass Australien wirtschaftlich keine große Sorgen hat: Das Land hat seit 28 Jahren keine Rezession.
Und genau dies wollen die Konservativen bewahren, tun alternative Ideen als Experimente ab: „Wir brauchen eine starke Wirtschaft, nur so können wir uns den Dingen stellen, die uns alle betreffen“, beschwor Morrison seine Anhänger.
Es scheint zu funktionieren: Zwar liegt Labor nach wie vor in Umfragen vorne, Morrisons Koalitionsbündnis holt jedoch seit ein paar Wochen stark auf, liegt nur noch zwei Prozentpunkte hinter den Sozialdemokraten. Diese verlieren laut Meinungsforschern an die Grünen, deren Klimaschutzprogramm härtere Forderungen enthält.
Hohe Wahlbeteiligung
Würde der Premier direkt gewählt, hätte Morrison, der erst vergangenen August die Parteiführung übernommen hatte, einen Vorsprung von elf Prozent auf Shorten.
Insgesamt dürfen 16 Millionen Australier wählen – und sie müssen es auch. Australien gehört zu den wenigen Ländern, in denen es eine Wahlpflicht gibt. Wer ohne triftigen Grund nicht zur Abstimmung geht, muss Strafe zahlen: 20 Australien-Dollar (12,37 Euro). Das führt dazu, dass die Wahlbeteiligung enorm hoch ist. 2016 – in Australien wird alle drei Jahre gewählt – betrug sie 91 Prozent.