Asma al-Assad: Die Weichzeichnerin
Auf einem ihrer jüngsten Instagram-Beiträge sitzt Asma al-Assad auf einer Couch mit Schülern, die bei einem Wissenschaftswettbewerb mitgemacht haben. Wissen sei die stärkste Waffe, steht unter dem Bild. Asma al-Assad lächelt. Ein Tuch bedeckt ihren kahlen Kopf, sie wirkt schwach, zerbrechlich. Dass die Frau des syrischen Präsidenten Brustkrebs hat, ist bekannt. Im vergangenen August ging die Herrscherfamilie damit an die Öffentlichkeit. Das ist unüblich. Die Krankheit des früheren Präsidenten, Hafiz al-Assad, wurde lang geheim gehalten. Schwäche zu zeigen, wäre nicht im Sinne der Diktatur gewesen.
Menschliche Seite
Doch Asmas Rolle ist eine andere. Die 43-Jährige galt lange als westlicher und menschlicher Anstrich des Regimes. Geboren und aufgewachsen in London genoss die Tochter einer syrischen Familie westlichen Lebensstil und elitäre Bildung. Nach ihrem Abschluss war sie Investmentbankerin, wollte in Harvard studieren. Doch es kam anders: Sie traf Bashar al-Assad, Sohn des syrischen Präsidenten. Als Vater Hafiz 2000 starb, wurde Bashar Präsident, Asma First Lady. „So etwas planst du nicht“, sagte sie einmal – fast entschuldigend – in einem Interview.
Etwas Besseres konnte Bashar al-Assad nicht passieren. Seit jeher machte ihn die glamouröse Frau an seiner Seite, die Sunnitin ist und sich westlich und liberal gibt, zum Bindeglied zwischen Nahost und West. Sie galt zugleich als „Stimme des Volkes“, Fürsprecherin von Reformen und betonte die menschliche Seite des Diktators. Der „Mythos, dass Assad ein westlich orientierter Herrscher ist“, sagt Syrien-Expertin Bente Scheller von der Heinrich-Böll-Stiftung, fuße großteils auf der First Lady, ihrer Bildung und ihrem Stil.
Von der „Diana“ zur „Hexe“
Vor allem Europa und seine Society-Medien lagen Asma in den frühen 2000er-Jahren zu Füßen. Paris Match nannte sie „Diana des Orients“, für Elle war sie die „eleganteste Frau in der Weltpolitik“. Gipfel der westlichen Verehrung: eine seitenlange Homestory („Rose der Wüste“) in der Vogue im Februar 2011, kurz bevor der Aufstand in Syrien begann und von Anfang an vom Regime blutig beantwortet wurde.
Zuerst legte man noch Hoffnung in die First Lady, dass sie auf ihren Mann, den Diktator, Einfluss nehmen würde. Frauen von UN-Botschaftern forderten sie in einem Video auf, ihren Mann zu stoppen. Doch sie verschwand von der Bildfläche. Kurzfristig gab es Gerüchte über ihre mögliche Flucht, doch dann tauchte sie auf einer Demonstration für den Präsidenten mit ihren Kindern auf. Einige Monate später wurden private eMails öffentlich, aus denen hervorging, dass sich Asma mit sündteurem Shopping vom Bürgerkrieg ablenkte.
Die Hoffnung, sie werde den Wandel herbeiführen, schwand. 2016 beklagte sie in einem wenig kritischen Interview mit einem russischen Sender die „unausgewogene Berichterstattung“ des „Westens“, betonte, was für ein guter Mensch Bashar al-Assad sei und strich ihr karitatives Engagement hervor.
Seither sieht man sie immer mehr auf den Social-Media-Kanälen des Regimes. Mal mit Witwen von getöteten Soldaten, mal mit Kranken, mal mit Kindern.
Ihre Erkrankung machten die Assads im August publik. „Jede einzelne Publikation des Regimes ist zweckorientiert“, ist sich Scheller sicher. „Die Bilder der First Lady, die sich offenbar in Behandlung befindet, sollen wohl das menschliche Moment der Assads betonen.“ Doch eines sieht man kaum noch: Bilder von Asma an der Seite von Bashar. Scheller vermutet, dass das den Diktator doch zu sehr mit Krankheit und Schwäche in Verbindung bringen würde.