Politik/Ausland

Riesenratten: Neue Agenten im Kampf gegen Tierschmuggel

Von Franzisa Trautmann

Spürhunde sind „out“ – Riesenratten sind die neue Geheimwaffe internationaler Strafverfolgungsbehörden gegen illegalen Tierhandel. Die niedlichen Nager haben eine extrem feine Nase und können von Landminen bis Krankheitserreger alles erschnüffeln. Die Fachzeitschrift Frontiers in Conservation Science veröffentlichte nun eine Studie über die kleinen Wundertiere und ihre Schlüsselfunktion im Kampf gegen organisierte Kriminalität. 

Bei den neuen Unterstützern handelt es sich um Gambia-Riesenhamsterratten. Eigentlich leben sie als Einzelgänger in der Sahara, sorgen jetzt aber international für Aufmerksamkeit. Mit ihrem stark ausgeprägten Geruchssinn und zusätzlichen Riechrezeptoren stellen sie eine neue Alternative für Spürhunde dar. 

Im Vergleich zu Hunden sind sie deutlich einfacher in der Handhabung und Haltung. Die Nager werden zwar so groß wie eine Kleinkatze, passen aber ohne Probleme in noch so kleine Öffnungen. Sie werden bis zu neun Jahren alt und im Gegensatz zu Hunden prägen sie sich nicht auf einen Menschen, sondern lassen sich gerne mit Futter bestechen. 

Von Landminen bis Tuberkulose

Die belgische NGO Apopo in Tansania hat bereits zuvor die Fähigkeiten der kleinen Nagetiere in anderen Bereichen ausgetestet. Die Tiere können Sprengstoff riechen und aufgrund ihrer Größe, eignen sie sich perfekt, um Landminen ausfindig zu machen. Aber die NGO hat nicht nur auf Minenspürratten gesetzt, sondern zeigte, wie Ratten auch bakterielle Infektionen erkennen können – als Tuberkulose-Detektoren haben sie sich bereits bewährt.

Dank ihrer Lernfähigkeit wurden die Nager befördert: zu Agenten im Kampf gegen illegalen Tierhandel. Das Team rund um Verhaltensbiologin Isabelle Szott, die bis vor kurzem für Apopo gearbeitet hat, testete mit acht Riesenratten deren Fähigkeiten vier verschiedene Zielgerüche zu erkennen. 

Bei den Zielgerüchen handelte es sich um Elfenbein, das Horn von Nashörnern, die Schuppen von Schuppentieren, auch Pangoline genannt, und afrikanisches Schwarzholz. Alle stammen von artgeschützter Flora und Fauna. Handel ist damit strengstens verboten und steht im Washingtoner Artenschutzabkommen. Trotzdem besitzt der Schwarzmarkt seine eigenen Regeln und die organisierte Kriminalität rund um illegalen Tierhandel kennt keine Grenzen.

Vier Zielgerüche unter 146 Substanzen

In der Studie lernten die Riesenratten vier verschiedene Suchmethoden. Dabei machte man es ihnen aber nicht einfach: Ablenkungen wie Kaffeebohnen, Waschpulver und sogar frische Wollsocken verwendeten die Wissenschaftler, um den Wildtiergeruch, wie Schmuggler, zu übertönen. Davon ließen sich die Wundertiere nicht beirren und meisterten jede Herausforderung mit Bravour. 

Sie lernten an der Leine zu suchen, in geöffneten Schiffscontainern, in einem fahrbaren Korbgestell und bei Belüftungsöffnungen von Containern. Natürlich bekamen die kleinen Agenten auch ihre eigene Arbeitskleidung, um bestmöglich ausgestattet zu sein. Mit einer roten Weste und einer daran befestigten Kugel ausgestattet, erlernten sie ihr neues Handwerk. Wenn sie einen Geruch festgemacht haben, ziehen sie mit ihrer Pfote an der Kugel, um die Betreuer darauf Aufmerksam zu machen. 

Nach ihrer Ausbildung konnten die Ratten die vier Zielgerüche unter 146 anderen Substanzen ohne Probleme erkennen. Damit stellen sie einen revolutionären Schritt im Kampf gegen illegalen Tierhandel dar. Zwar gehen Strafverfolgungsbehörden weltweit mit vereinten Kräften gegen den Schmuggel vor, können aber dennoch keinen dauerhaften Einhalt gebieten. Allein letztes Jahr Oktober tätigten Zoll- und Polizeibeamte weltweit rund 500 Verhaftungen und 2.000 Beschlagnahmungen von Tieren und Pflanzen unter Artenschutz.