Angeschlagen ins Unbekannte: Donald auf Reisen
Daheim, in den USA, ließ Donald Trump zuletzt kein Fettnäpfchen aus - diese drohen ihm auch auf internationalem Parkett. Denn der Mann mit Hang zu unkontrollierten Twitter-Tiraden hat jede Menge Probleme mit im Gepäck: Die Entlassung des FBI-Chefs, der neue Sonderermittler Robert Mueller und die israelischen Geheimdienstinformationen, die er an die Russen ausgeplaudert haben soll – auf seinen Reisen, etwa in Israel, wird sich das US-Staatsoberhaupt auch dazu erklären müssen. Dafür, dass Trump nicht gerne in die Fremde reist, geht es nun ziemlich lange ziemlich weit weg. Wenn der unter höchstem Druck stehende US-Präsident von seinem ersten, achttägigen Auslandstrip zurückkommen wird, hat er deutlich mehr als 25.000 Flugkilometer auf der Uhr.
Wohin geht es?
Saudi-Arabien, Israel, die Palästinensischen Autonomiegebiete, der Vatikan, Italien, Brüssel und Sizilien. Trump verlässt die USA später als fast alle seiner Vorgänger der jüngeren Vergangenheit.
Die Lage
Von Skandalen bedrängt, einen Sondermittler am Hals, könnte Trump die Außenpolitik zeitlich gut zupasskommen, einerseits. Kann er doch zeigen, dass er es als US-Präsident eben doch drauf hat. Andererseits erhöht das Chaos in Washington den Erwartungsdruck immens. Jetzt keinen Fehler machen. Diese Reise muss wirklich sitzen. Ihr Charakter hat sich gleichwohl verändert. Weg von der historischen Rundreise dreier Weltreligionen hin zur ständigen Schadensbegrenzung. Und das auf fremdem, oft heiklem Terrain, weit weg von Washington.
Wenn Trump verreist
Trump ist am allerliebsten in einer Umgebung, die ihm gehört oder die er kennt. Er hat als Präsident noch nie außerhalb des Weißen Hauses oder seines Zweitdomizils Mar-a-Lago übernachtet. Er isst eigentlich nur Bekanntes (Steak, well done, mit Ketchup). Das macht diese bereits komplizierte Reise nicht einfacher. Das Magazin "Time" schrieb, Trump bekomme grundsätzlich eine Extrakugel Eis und immer eigens mehr Sauce. Das könnte bei bevorstehenden Staatsessen nicht gut ankommen.
Die Botschaft
Es geht um den globalen Führungsanspruch der USA. Trump wolle Menschen aller Religionen um eine Botschaft des Friedens und Fortschritts herum vereinen, sagt der nationale Sicherheitsberater H.R. McMaster. Deswegen: "Eine historische Reise." Sprecher Sean Spicer: Trump wolle mit seiner Reise beitragen, die Probleme der Welt zu lösen. Die Stationen seien Teil der "amerikanischen Wiederauferstehung".
Länder und Runden sind allerdings so divers, dass es schwierig werden dürfte, eine klare Botschaft zu setzen. Interessant ist das Zitat von McMaster: "Amerika zuerst hat nie "Amerika allein" gemeint." Von Trumps Isolationismus der frühen Tage ist keine Rede mehr. Aber wie will Trump internationale Kooperation denen verkaufen, die ihn wählten, weil er den Rückbezugs der USA auf sich selbst propagierte?
Saudi-Arabien: Autoritärer Kernpartner der USA
Dass die Geburtsstätte des Islam ab Samstag Trumps erste Station ist, ist bemerkenswert. Riad ist den USA ein komplizierter Alliierter. Saudi-Arabien und Iran sind die wichtigsten Regionalmächte in Nahost und Erzrivalen. Die USA wollen im Kampf gegen den Terror mehr von Saudi-Arabien, die Scheichs erhoffen sich von Trump mehr eigene Beinfreiheit. Sie sind zutiefst unglücklich mit dem Atomabkommen mit dem Iran - Trump ist diesbezüglich aber sehr still geworden.
Trump will eine robustere Partnerschaft mit den muslimischen Staaten. Es heißt, er wolle die muslimischen Staaten aufrufen, eine friedvolle Botschaft des Islam zu verbreiten. Andererseits wollen die USA von den Golfstaaten mehr im Kampf gegen den Islamischen Staat. Dass Trump im absolutistisch regierten Saudi-Arabien Themen wie Demokratie und Menschenrechte anspricht, ist unwahrscheinlich. Riads Rolle für die regionale Stabilität ist ihm wichtiger. Zwei größere Gipfel stehen auf der Tagesordnung, angeblich könnte Trump in Riad etwas wie eine arabische NATO fordern.
Problem eins benennt Anthony Cordesman vom Think Tank CSIS: "Russland liegt wie ein Schatten über dem Nahen Osten." Wenn Trump aber gerade mit irgendeinem Thema Probleme hat, dann mit Russland und den Vorwürfen, Moskau habe die US-Wahl 2016 beeinflusst.
Problem zwei: Die USA haben für eine der kompliziertesten Regionen der Welt nach wie vor keine kohärente Sicherheitsdoktrin.
Israel: "Alle werden auf ihn schauen"
Jerusalem, Montag und Dienstag, nicht einmal 24 Stunden. Einer der anspruchsvollsten Teile der Reise für Trump und seine rund 1000-köpfige Delegation. Dass er kommt und auch noch so früh, wird ihm hoch angerechnet.
Trump versprach Israel, das unter Barack Obama stark abgekühlte Verhältnis werde sich grundsätzlich verbessern. Themen wie der Siedlungsbau, der Konflikt mit den Palästinensern oder der Sitz der US-Botschaft (Tel Aviv oder Jerusalem) sind aber so kompliziert, dass Trump kaum fertige Konzepte haben kann. Trotzdem gab er sich erst vor Tagen überzeugt: "Wir kriegen das hin."
Trump will auch die Klagemauer besuchen und Yad Vashem, die Holocaust-Gedenkstätte. Seine Berater hoffen inständig, dass er sich in all seiner Spontaneität ans Protokoll halten möge. "Alle werden auf ihn schauen", schrieb die Tageszeitung "Haaretz". Trump sah sich früher aus verschiedenen Gründen mit Vorwürfen des Antisemitismus konfrontiert.
Nach Treffen mit Ministerpräsident Benjamin Netanyahu (Bild) und Präsident Reuven Rivlin shuttelt Trump am Dienstag mit dem Helikopter nach Bethlehem. Ein Wiedersehen mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas. Diese Station schwächte die in Trump gesetzten Hoffnungen der israelischen Regierung.
Zwei Männer im Vatikan
Dienstagabend dann der erste Touchdown in Europa. Am Mittwoch werden zwei Männer aufeinander treffen, die gegensätzlicher nicht sein könnten: Donald Trump und Papst Franziskus. "Größten Respekt" habe der Präsident für den Papst, heißt es. Ob das andersherum auch so ist? Ein Treffen im Vatikan ist ein immens bildstarker Termin. Trump wird ihn nutzen wollen. Wird er aus dem Petersdom twittern?
Der Nato-Gipfel
Vom Vatikan, Zentrale der ältesten Organisation der Welt, geht es ins Hauptquartier einer viel jüngeren, anders mächtigen. In Brüssel, bei der NATO, steht eine Versicherung der US-Verpflichtungen an. Es geht um die Verteidigungsausgaben und den Kampf gegen den Terrorismus. Formale Beschlüsse gibt es nicht. Vielleicht nur Symbolpolitik, aber eine wichtige Gelegenheit für den "geschwächten, verwirrten Westen" (Gideon Rachman), einander zu versichern, was man eigentlich noch voneinander will.
Die G7 und der Neue
Das G-7-Format ist wie die Schrankwand des Westens. Eiche massiv. Schon immer da gewesen, etwas aus der Zeit gefallen - aber wohin sollte man mit all den Dingen, wenn man sie entsorgte? Seit Jahren wird der Sinn der G-7-Runde hinterfragt. Eine der wichtigsten Antworten aus Regierungen der großen Industriestaaten: Man solle nicht unterschätzen, wie wichtig persönliche Kontakte seien.
Themen sind unter anderem die Wirtschaft, Nordkorea, Afghanistan, der Nahe und Mittlere Osten. Trump, in Taormina auf Sizilien einer von vier Neuen, könnte nach Angela Merkels Besuch im Weißen Haus aber auch eine Scharte auswetzen: mit einem richtig festen Handshake, nachdem er diesen der deutschen Kanzlerin verweigert hatte.
Einige kritische Erfolgsfaktoren
Es gibt keine geschlossene Außenpolitik Trumps. Sie hat viele Akteure mit verschiedenen Zielen. Globalisten ringen mit Nationalisten ringen mit Pragmatikern. Das Weiße Haus möchte den reisenden Präsidenten gern als "Friedenstifter" sehen.
Anthony Cordesman (CSIS) verweist indes auf Trumps innenpolitischen Ballast: "Jeder außerhalb der USA fragt sich, welche Stärke und welche Macht Trump zuhause überhaupt noch hat." Elliot Abrams vom Council on Foreign Relations (CFR) sieht das anders: "Das FBI und solche Sachen spielen da draußen doch keine Rolle. Für den Gipfel in Riad kommt Trump schlicht als Präsident der USA mit all seiner Macht."
Für Trump, Novize und Laie auf der Weltbühne, liegt die Latte sehr tief. Steven Cook (CFR) glaubt, die Reise werde vor allem tolle Bilder produzieren. Robert Danon (CFR): "Die Reise selbst ist die Botschaft. Sie wird ein Erfolg sein, wenn der Präsident sich wie ein Präsident verhält."
Trump müsse nun vor allem eines tun: Einfach keine Fehler machen.
In Washington schlagen die Wogen hoch. Eine Welle nach der anderen trifft das Weiße Haus und den Hausherrn Donald Trump. Auf dem politischen Parkett wird eine Krise vom Ausmaß des Watergate-Skandals beschrieben, der 1974 Präsident Richard Nixon zum Rücktritt zwang.
Der politische Sturm schickt seine Ausläufer bis in die großen Städte, und die Schlagzeilen einiger Medien verheißen bereits die Götterdämmerung für Trumps junge Regierung. Immer öfter macht das Schlagwort einer Amtsenthebung die Runde. Doch viele Amerikaner und vor allem die unerschütterlichen Anhänger Trumps bleiben von der "Krise in Washington" unbeeindruckt. Sie sehen kein Fehlverhalten ihres Idols, selbst eine angebliche Russland-Verbindung seines Wahlkampfteams lässt sie kalt. Für sie ist es nur ein weiteres Beispiel für die Voreingenommenheit der Medien und für die Versuche des Washingtoner Establishments, seinen Status zu erhalten und Rache an dem prominenten Unternehmer zu nehmen.
Die Vorwürfe, Trump habe Geheimnisse an Russland verraten und Comey aufgefordert, die Ermittlungen gegen Trumps früheren Sicherheitsberater Michael Flynn einzustellen, verfangen bei seinen Anhängern nicht. Sie vertrauen eher auf erzkonservative und Trump-freundliche Medien wie den Fernsehsender Fox und das Internet-Nachrichtenportal Breitbart. Diese bezeichnen die Vorwürfe gegen den Präsidenten als Racheaktionen von Überbleibseln der Obama-Regierung und des sogenannten deep state. Mit diesem Begriff beschreiben die Rechten in den USA die aus ihrer Sicht in Washington tief verwurzelte Politbürokratie.
"Die einzigen Nachrichten, die ich verfolge, sind die von Fox", sagt Larsen, die aus Israel eingewandert ist und seit 25 Jahren in Tucson, Arizona, lebt. "Die einzigen Nachrichten aber, ich verfolge und denen ich Glauben schenke, kommen aus dem Mund des Präsidenten oder stehen in seinen Twitter-Äußerungen." Dieser Kurznachrichtendienst ist Trumps wichtigstes Mittel, seine Sichtweise ohne Umweg über die Medien an die Leute zu bringen.
Die von einigen Zeitungen erhobenen Vorwürfe werden von den Trump-Anhängern daher als haltlose Anschuldigungen anonymer Quellen gesehen, denen keine konkreten Beweise zugrunde lägen. "Das habe ich erwartet", sagte Jeff Klusmeier, ein Versicherungsvertreter aus Louisville, Kentucky. "Ich habe erwartet, dass die Medien Trump angreifen. Ich habe erwartet, dass die Demokraten ihn angreifen und eine Amtsenthebung fordern. Für mich ist das alles selbstverständlich." Befeuert wird dieses Denken von den rechten Medien. "Die Anti-Trump-Presse glaubt, sie habe Blut geleckt", sagte der Kommentator von Fox News, Sean Hannity. Und Trump selbst präsentiert sich in der Opferrolle: Kein Politiker in der Geschichte Amerikas sei so unfair behandelt worden, sagte er und sprach von einer beispiellosen Hexenjagd.
Seine Anhänger veranlasst dies, die Reihen noch enger zu schließen. Zwar ist seine Beliebtheit bei den Amerikanern jüngsten Umfragen zufolge mit 30 bis 40 Prozent für einen neuen Präsidenten relativ niedrig. Aber 77 Prozent der Republikaner stehen hinter Trump - ein Wert, der seit seiner Amtseinführung stabil ist.