Amri erschossen: "Eine akute Gefahr weniger" – Europa atmet auf
Von Armin Arbeiter
"Am Ende dieser Woche können wir verkünden, dass eine akute Gefahr beendet ist. Die Terrorbedrohung für Deutschland bleibt aber hoch", sagte eine sichtlich erleichterte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag. Der mutmaßliche Attentäter von Berlin, Anis Amri, ist tot. In der Nacht auf Freitag wurde er von Polizisten in Mailand erschossen, die ihn routinemäßig kontrollieren wollten. Amri zog laut italienischen Medien sofort eine Pistole und eröffnete das Feuer auf die Beamten. Diese reagierten rasch und schossen den 24-jährigen Tunesier nieder. Einer der Polizisten wurde an der Schulter verletzt, schwebt aber nicht in Lebensgefahr.
Über Frankreich gereist
Die Fingerabdrücke des Erschossenen stimmen mit denen am Tat-Lkw überein, berichtete die mailändische Zeitung Corriere della Sera. Der italienische Innenminister, Marco Minniti, bestätigte die Berichte und drückte mehrmals seinen Stolz auf die italienische Polizei aus. In Amris Rucksack fanden die Behörden Zugtickets – er scheint von Deutschland über Frankreich nach Italien eingereist zu sein.
Italien ist Amri nicht unbekannt, 2011 war er dort als Flüchtling angekommen. Wegen diverser Straftaten fasste er vier Jahre Gefängnis aus, kurz danach ging Amri nach Deutschland.
Dort hatte er laut deutschen Medien intensiven Kontakt zu islamistischen Hasspredigern, der Spiegel berichtete, dass er sich sogar als Selbstmordattentäter anbot. Die Nachrichtenagentur der Terrormiliz "Islamischer Staat" veröffentlichte am Freitag ein Video, in dem Amri dem IS seine Treue schwört und ankündigt, sich für Luftangriffe auf Moslems zu rächen.
In Deutschland selbst gehen die Ermittlungen laut Innenminister Thomas de Maizière unvermindert weiter. "Die Sicherheitsbedrohung bleibt hoch, jetzt müssen wir etwaige Netzwerke und Helfer des verdächtigen Attentäters Amri aufdecken", sagte er am Freitag und betonte die Wichtigkeit einer internationalen Zusammenarbeit "im Kampf gegen den Terrorismus". De Maizière kündigte außerdem Gespräche über rechts- und sicherheitspolitische Konsequenzen mit Justizminister Heiko Maas an.
Problem Gefährder
Dieser stieß ins selbe Horn wie de Maizière und sagte: "Es wird insbesondere um die Fragen gehen, wie Ausreisepflichtige so schnell wie möglich abgeschoben werden und wie Gefährder noch besser überwacht werden können". Einen Schritt in diese Richtung unternahm bereits Merkel, die mit dem tunesischen Präsidenten telefoniert hatte: "Ich habe dem Präsidenten gesagt, dass wir den Rückführungsprozess noch deutlich beschleunigen und die Zahl der Zurückgeführten deutlich erhöhen müssen", sagte sie am Freitag.
Laut dem Bundeskriminalamt (BKA) gibt es in Deutschland 550 Gefährder, das sind um 50 mehr als noch vor einem halben Jahr. Für die Überwachung eines Gefährders werden 30 Beamte benötigt.
In Berlin ist die Moschee im Stadtteil Berlin-Moabit im Visier der Behörden. Obwohl sich die angeblichen Videoaufnahmen von Amri vor dem Gebäude als falsch herausstellten, gilt die Moschee als Treffpunkt von Salafisten. Der Sender RBB verwies auf abgehörte Gespräche der Vorstände des Gebetshauses, wonach sie ihre Moschee als "Moschee des Islamischen Staates in Berlin" bezeichnet hätten.
Merkel: "Ich habe dem Präsidenten gesagt, dass wir den Rückführungsprozess noch deutlich beschleunigen und die Zahl der Zurückgeführten deutlich erhöhen müssen."