Nach Journalisten-Festnahme hagelt es Kritik an der Führung in Ankara
Von Stefan Schocher
Am Tag nach der Verhaftung eines österreichischen Journalisten in der Türkei hieß es einmal warten – und rätseln. Weder war publik, was Max Zirngast im Detail angelastet wird, noch wo er sich genau aufhielt. Ausgegangen wurde von einer Polizeistation in Ankara. Seitens österreichischer Stellen hieß es, man sei in der Sache in Kontakt mit den türkischen Behörden. Quer durch die Regierungsbank – von Kanzler Sebastian Kurz über Vizekanzler Strache bis hin zu Außenministerin Karin Kneissl – wurde die Forderung nach einer Freilassung des Mannes erhoben. Kurz forderte eine Konkretisierung der Vorwürfe oder eine sofortige Freilassung, Kneissl rechnete mit einer Haftprüfung am Freitag.
Reaktionen gab es auch auf EU-Ebene. EU-Mandatar Josef Weidenholzer (SPÖ) ersuchte EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn, alles in seiner Macht stehende zu tun, die Freilassung des Journalisten zu erwirken. Grünen-Mandatar Michel Reimon wies indes darauf hin, dass zwei österreichische Staatsbürger kurdischer Abstammung in der Türkei bereits in Haft säßen. Er forderte den Abbruch der Beitrittsverhandlungen mit Ankara.
Kurden und KP
Max Zirngast war in den frühen Morgenstunden des Dienstag in Ankara zusammen mit zwei türkischen Kollegen festgenommen worden. Der Österreicher lebt seit drei Jahren in Ankara studierte dort an der Middle East Technical University. Zugleich hat er sowohl in wissenschaftlichen als auch journalistischen Publikationen veröffentlicht. Gemein ist seiner Arbeit und seinen Abnehmern ein linker Hintergrund. Zuletzt hatte Zirngast vor allem im re:volt.magazin publiziert. Themenschwerpunkt seiner Arbeit war der Situation der Kurden in der Türkei sowie Kritik an der in der Türkei regierenden AKP. Vorgeworfen werden ihm anscheinend Verbindungen zu einem verbotenen Ableger der kommunistischen TKP. Türkische Propagandakanäle bezichtigten Zirngast der Propaganda für die in der Türkei verbotene linke PKK. Etwas, was Kollegen zurückweisen: Viel eher habe er Kontakte zur nicht verbotenen sozialdemokratischen HDP gepflegt.
Seitens des re:volt.magazin hieß es, Max Zirngast sei als Übersetzer und Autor sowie als Kontakt zu Aktivistinnen tätig gewesen. Man wisse nicht, in welchem Polizeirevier er sich befinde, man wisse nur, dass es ihm den Umständen entsprechend gut gehe. Zudem sei Zirngast weder für Publikationen noch anderweitig in Syrien unterwegs gewesen – der syrische Ableger der PKK kontrolliert im Norden Syriens große Gebiete.