Vor 90 Jahren: Die erste Fahrt über die Großglockner-Hochalpenstraße
Von Michael Andrusio
Im September 1934 war die Großglockner Hochalpenstraße noch gar nicht fertig. Die „Straße“ bestand zu dieser Zeit noch weitgehend aus grobem Untergrund und am Mittertörltunnel war gerade einmal ein Fußweg aus dem Fels gesprengt.
Dennoch war der Salzburger Landeshauptmann Franz Rehrl wild entschlossen, die Fahrt zu wagen und wollte 1934 als erster Mensch die Hohen Tauern mit einem Automobil überqueren. Rehrl gilt als die treibende politische Kraft hinter dem Bau der Großglockner Hochalpenstraße. Er erkannte früh die touristische Bedeutung der Verbindung von Hochkultur und alpiner Naturschönheit: Die Gäste der Stadt Salzburg sollten über die Großglockner Hochalpenstraße die atemberaubende Bergwelt erleben können. Darüber hinaus war Rehrl ein begeisterter Autoliebhaber.
Begleitet wurde Rehrl von Franz Wallack, dem Planer und Erbauer der Großglockner Hochalpenstraße. Der freilich angesichts der unfertigen Straße noch etwas skeptisch war. Es wurde aber unter Hochdruck an der Befahrbarkeit der Straße gearbeitet und Wallack schrieb später in seinen Memoiren: "...und wenn irgendwo nicht alles klappt, dann werden wir die Kiste tragen - sofern sie nicht zu schwer ist".
Die "Kiste" war ein Steyr 100 Cabriolet - damals nagelneu, denn der 100 von Steyr war 1934 auf den Markt gekommen. Das Auto wurde noch umgebaut, um die Fahrt auf dem groben Untergrund zu überstehen. Und was den Pionieren noch zu Gute kam: Mit nur 1,58 Metern Breite passte es knapp, aber doch durch die engste Stelle der Straße, die lediglich 1,65 Meter maß.
Sieben Stunden dauerte die Fahrt von Ferleiten nach Heiligenblut und wieder retour. Es war eine halsbrecherische, aber durchaus werbewirksame Fahrt und das fahrerische Können des Landeshauptmanns fand Beachtung. Und den Bauarbeitern und Ingenieuren gab die geglückte Fahrt ein erstes Gefühl des Erfolgs.
Nach der erfolgreichen Erstbefahrung 1934 wurden die Bauarbeiten fortgesetzt und intensiviert. Der Winter stellte eine weitere Herausforderung dar, da die Arbeiten in den hohen Lagen nur in den kurzen Sommermonaten möglich waren. Die ersten Sprengungen für den Bau waren 1930 erfolgt und bis zur Fertigstellung wurden 870.000 Kubikmeter Erde und Fels bewegt, 115.750 Kubikmeter Mauerwerk geschaffen und 67 Brücken gebaut. Die Gesamtbaukosten betrugen umgerechnet 85,2 Millionen Euro. Im August 1935 war es dann soweit und die fertige Straße konnte offiziell eröffnet werden.
In den 1930ern galt der Bau der Großglockner Hochalpenstraße als bedeutendes Symbol für den Wiederaufbau und die wirtschaftliche Erholung nach den Krisenjahren der 1920er und frühen 1930er Jahre. Seither hat sich die Straße zu einer der bekanntesten Touristenattraktionen in Österreich und Panoramastraßen der Welt entwickelt.
Übrigens ist aktuell ein Steyr 100 in der Automobilausstellung auf der Kaiser-Franz-Josefs-Höhe zu sehen - wenn auch nicht das Original von Rehrl und Wallack, sondern eine Replika.
Info: Großglockner.at