Motor

Recycling: Flasche leer, nehmen Sie Platz!

Dass Autohersteller auf das Thema Recycling setzen, ist jetzt nicht wirklich neu. Nur wurden Recycling-Materialien bislang eher für z.B. Dämmstoffe oder Kunststoffteile außerhalb des Blickfelds der Fahrgäste eingesetzt. Was sich in den vergangenen Jahren geändert hat, ist das Bewusstsein der Hersteller für Nachhaltigkeit. Und man weist mehr und mehr konkret darauf hin, welche Materialien aus welchem Müll angefertigt werden.

Jüngstes Beispiel ist Audi. Die Ingolstädter rechnen vor, wie viele PET-Flaschen für die Sitzanlage des neuen A3 verwendet werden. Genau sind es 45 Flaschen zu je 1,5 Liter. Und dazu kommen noch 62 Flaschen, die für den Teppich recycelt wurden.

Weg zum Garn

Aber wie wird aus einer leeren Plastikflasche ein Autositz? Zunächst werden die Flaschen von den Etiketten und Verschlüssen befreit, dann zu „Flakes“ geschreddert. Diese schmilzt man ein und verarbeitet sie zu einem Granulat. Das wird im Fall von Audi an die Firma TWD Fibres in Deggendorf geliefert. Dort wird es in riesigen Silos gewaschen, getrocknet und bei rund 200 bis 300 Grad eingeschmolzen.

 

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Aus dem flüssigen Kunststoff werden mittels Spinndüsen hauchdünne Filamente. „Die Fäden haben anfangs einen Durchmesser von zwei bis drei Zehntel Millimeter und werden durch die Streckung weiter herunterreduziert auf ein 5.000stel Millimeter. Das ist ein Zehntel des Durchmessers eines menschlichen Haars“, erklärt Produktionsleiter Stefan Fischl. Die einzelnen Filamente werden dann zu einer Vorstufe des Garns zusammengefasst und auf Rollen aufgewickelt. Bevor der Faden aber weiterverarbeitet werden kann, muss er noch „aufgebauscht“ werden, damit die Weberei damit arbeiten kann.

Das Garn wird sodann zur Willy Schmitz Tuchfabrik in Mönchengladbach geschickt. Hier wird aus dem recycelten Garn Stoff. „Wir sehen beim recycelten Stoff keinen Unterschied in der Verarbeitung und auch beim Verschleißbild später nicht“, erklärt die Leiterin für Design und Entwicklung in der Willy Schmitz Tuchfabrik, Britta Gebhardt.

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Aktuell sind die Sitzbezüge noch nicht ganz aus recyclingfähigem Material gefertigt. „Die Herausforderung stellt das Untergewebe dar, das per Kleber mit dem Obermaterial verbunden wird. Wir arbeiten daran, auch diesen durch recyclingfähiges Polyester zu ersetzen“, sagt Ute Grönheim, bei Audi zuständig für die Materialentwicklung im Bereich Textilien. „Unser Ziel ist es, den Sitzbezug komplett aus sortenreinem Material herzustellen, damit es wieder dem Kreislauf zugeführt werden kann. Davon sind wir nicht weit entfernt.“ Perspektivisch werden sämtliche Stoffbezüge über alle Modellreihen hinweg aus Rezyklat bestehen.

Land Rover

Auch Land Rover setzt vermehrt auf den Einsatz von Textilien aus Recyclingmaterial. Die noblen Geländewagen werden natürlich gern mit Lederausstattung geordert, man kann einen Evoque nun aber auch mit einem strapazierfähigen Wollmischgewebe bekommen, das die Briten gemeinsam mit dem dänischen Stoff-Spezialisten Kvadrat entwickelt haben.

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Kombiniert wird das Gewebe an den Evoque-Sitzen mit dem gleichfalls nachhaltig produzierten Dinamica-Velours: ein technisches Gewebe, für das pro Evoque 53 recycelte Halbliter-Kunststoffflaschen genutzt werden. Im Topmodell kann man das aufpreisfrei bekommen, sonst kostet die Ausstattung zwischen 2.000 und 4.000 Euro extra.

Seaqual

Einen vielleicht extremen Weg für nachhaltige Sitzbezüge hat Fiat gewählt. Die Italiener haben sich mit der in Spanien ansässigen Seaqual Initiative zusammengetan. Seaqual ist ein Kollaborativ aus NGOs, Wissenschaftern, privaten Investoren und Fischern. Ziel der Initiative ist es, Ozeane, Flüsse und Strände vom Plastikmüll zu reinigen. Laut WWF landen jedes Jahr zwischen 4,8 und 12,7 Millionen Tonnen Plastikmüll in den Weltmeeren. Mit verheerenden Folgen für Tiere und Pflanzen.

 

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Seaqual hat über 1.500 Fischer mit rund 400 Booten im Team, die bei ihrem Fang den Müll, den sie aus dem Meer fischen, in den Hafen bringen. Dann beginnt ein Zyklus ähnlich dem bei Audi. Am Ende entsteht ein zertifiziertes „Seaqual Yarn“. Dieses Material verwendet Fiat nun für die Hybridvarianten von Fiat 500 und Panda, sowie wie für die kommende Elektroversion des 500. Der Wasserverbrauch bei dieser Art der Textilproduktion fällt bis zu 40 Prozent geringer aus, der Energieverbrauch bis zu 50 Prozent und der -Ausstoß wird laut Textile Network um 60 Prozent reduziert.

 

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Die Auswahl der Materialien wird in Zukunft wohl noch exotischer werden. So zeigte Skoda vor kurzem eine Studie, bei der die Fußmatten aus Pinatex, ein Material, das aus Ananasblättern gewonnen wird, gefertigt und die Sitze mit Rhabarber-Leder überzogen waren.