Hohe Drehzahl: Das Karrieren-Karussell der Auto-Manager
Anfangs war es nur ein Branchen-Gerücht, vergangene Woche folgte die Bestätigung: Peter Bosch übernimmt ab dem 1. Juni 2023 als CEO die Leitung von Cariad, der Automotive-Software-Marke im Volkswagen Konzern. VW holt sich damit für den immer wichtigeren Bereich keinen Unbekannten an Board: Bosch zog bei Bentley Motors erfolgreich die Restrukturierung und Neuaufstellung durch und punktete als Mitglied des Boards von Scout Motors mit vollelektrischen R-SUVs und Pickups in Nordamerika.
Mit dieser Meldung geht das Sesselrücken in der Automobil-Branche munter weiter. Es ist übrigens nicht der erste Abgang, den der britische Automobilhersteller - er gehört seit 1998 zur Volkswagen AG - verkraften muss.
Der koreanische Hersteller Genesis aus dem Hyundai-Imperium - derzeit überraschend erfolgreich darin, im Premium-Segment seinen Platz zu finden - beförderte im Dezember 21 SangYup Lee zum Executive Vice President of Design. Der Star-Designer war zuvor für die Gestaltung des Bentley Bentayga verantwortlich. "Das Erbe von Bentley ist unglaublich, aber diese Last des Erbes auf den Schultern ist ziemlich schwer, sodass man sich beim Entwerfen fragt: Ist das 'Bentley' genug? Bei Hyundai hat man mehr Freiheiten", erklärte er den Wechsel.
Aber auch die Europäer sind in Sachen Design auf der Suche nach kreativen Köpfen, die in Zeiten des Umbruchs finanziell lukrative Wege aufzeigen. Dabei wird gerne auch vom Konkurrenten abgeworben. Seit 1. Mai dieses Jahres ist etwa Jeremy Offer Designchef von Volvo. Schwer gefallen ist ihm der Karrieresprung wohl nicht: Offer leitete zuvor als Chief Design Officer das Designteam des amerikanischen Elektroauto-Startups Arrival, bei dem es mächtig kracht: Im Jänner entließ man die Hälfte der Belegschaft.
Quasi in der Familie blieb hingegen der Führungskräfte-Tausch bei VW: Im Februar übernahm dort Andreas Mindt das Steuer in Sachen Design von Josef Kabaň. Er setzt damit eine Tradition fort: Mindt wuchs in Wolfsburg auf und schon sein Vater war Designer bei Volkswagen. Ob daraus eine spannende Zukunft wird, wird sich zeigen.
Auch die japanischen Hersteller spüren den Druck der Veränderung in der Branche und tauschen derzeit munter Führungspersonal aus.
Im Juni wird bei Subaru der bisherige CEO Tomomi Nakamura durch Atsushi Osaki ersetzt. Bei Toyota gab es bereits am 1. April einen Generationen-Wechsel auf dem Chefposten: Firmenerbe Akio Toyoda übergab - recht überraschend - das Steuer an Koji Sato. Gründe für den Wechsel gab man keine an. Aber Sato ist wohl angetreten, um die lahmende Elektroauto-Offensive zu beschleunigen. Bei Subaru erfolgt die Personalie sogar explizit auf Grund der Elektrifizierung des Herstellers.
Der dritte Japaner im Bunde, der auf der Chefebene einen Wechsel vor sich hat, ist Madzda: Ab Juni wird Masahiro Moro am CEO-Sessel Platz nehmen und damit Akira Marumoto ersetzen. Die „Automobilwoche“ berichtet unter Berufung auf Statements auf einer Pressekonferenz, dass Moro den „schwierigen und vor allem teuren Wandel hin zur Elektromobilität“ mit Maßnahmen zur Kostensenkung unterstützen will. Durch den Verkauf von Fahrzeugen mit höherer Gewinnspanne sollen zudem Investitionen in Mazdas nächste Generation der Elektrifizierung finanziert werden.
Auch bei Nissan gibt es Personalwechsel: Soeben gab man bekannt, dass Chief Operating Officer Ashwani Gupta am 27. Juni aus dem Vorstand ausscheiden werden. Das lässt Zweifel an der Zukunft des hochrangigen Managers aufkommen lässt. Denn eigentlich wurde er als Kandidat für den CEO-Posten gehandelt wurde. Der Abgang des langjährigen Renault-Managers aus dem Verwaltungsrat kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Nissan daran arbeitet, die Bedingungen für eine weitreichende Neuordnung seiner jahrzehntelangen Allianz mit dem französischen Automobilhersteller bis Mitte des Jahres festzulegen. Ein Unternehmenssprecher sagte, es sei nicht sofort klar, ob er in seiner Rolle als COO bleiben werde.
In den USA hat man wohl ähnliches auf der Agenda: Bei Ford - noch nicht ganz auf Kurs - versucht man, sich besser für die elektrische Zukunft aufzustellen. In den deutschsprachigen Ländern ist man derzeit am Weg vom Volumen- zum Nischenanbieter. Damit das klappt, hat man einen neuen Marketing-Chef angeheuert: Fabian Halft ist seit 1. Mai Marketing-Chef für die DACH-Länder. Besonderes Augenmerk liegt auf der Produkteinführung des neuen vollelektrischen Ford Explorer, der ab Ende des Jahres in Köln vom Band laufen wird. Bis 2035 will das Unternehmen die Emissionen seiner in Europa neu zugelassenen Fahrzeuge auf null reduzieren. Aktuell investiert Ford mehr als 50 Milliarden US-Dollar, um bis zum Ende des Jahres 2026 weltweit über zwei Millionen Elektrofahrzeuge auf den Markt gebracht zu haben. Halft folgt übrigens auf Olaf Hansen, der Direktor Vehicle Personalization in der Ford Europa-Zentrale wird.