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Neuwagenmarkt: "Wir erleben eine Renaissance der Verbrennermotoren"

Der EU-Neuwagenmarkt legte im Mai den Rückwärtsgang ein: Die Neuzulassungen sanken um drei Prozent und lagen damit um satte 25 Prozent niedriger als im Vergleichsmonat im Vorkrisenjahr 2019. In Österreich sanken die Neuzulassungen im Mai um vier Prozent, was einen Rückgang gegenüber Mai 2019 um 35 Prozent darstellt. Das analysierte EY in einer aktuellen Erhebung.

Axel Preiss, Partner und Leiter Advanced Manufacturing & Mobility bei EY, sieht den europäischen Neuwagenmarkt weiterhin im Krisenmodus: „Die Nachfrage bleibt schwach und es gibt keine Anzeichen für eine signifikante Verbesserung der Situation. Im Vergleich zu den Verkaufszahlen vor der Pandemie werden in diesem Jahr EU-weit etwa 2,5 Millionen Neuwagen weniger verkauft werden. Dies führt zu erheblichen Überkapazitäten.“

Die Gründe?

Preiss sieht die schwächelnde Konjunktur, die  geopolitischen Spannungen und verloren gegangene Kaufkraft nach Jahren hoher Inflation als Hauptgründe für die schlechte Situation auf dem Neuwagenmarkt. 

Hinzu komme, dass der Wachstumstreiber der Vorjahre – die Elektromobilität – derzeit deutlich an Dynamik verliert. „Die Unsicherheit hinsichtlich der Entwicklung der Elektromobilität sorgt für Verunsicherung und Zurückhaltung bei den Käufern – trotz der Tatsache, dass viele Länder den Kauf eines Elektroautos weiterhin großzügig subventionieren“, so Preiss. 

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Im Osten Europas spielen Elektroautos keine Rolle
Elektroautos sind in den meisten EU-Ländern nach wie vor ein Nischenprodukt: In immerhin 15 EU-Ländern lag der Elektro-Marktanteil im Mai niedriger als zehn Prozent. Der höchste Marktanteil von Elektroautos wurde im Mai in Dänemark mit 50 Prozent registriert. 

Den niedrigsten Marktanteil wies die Slowakei mit 2,6 Prozent auf. Österreich lag mit einem Elektro-Marktanteil von 17,4 Prozent (Vorjahr: 20,0 %) im oberen Mittelfeld.

Die relativ schwache Absatzentwicklung bei Elektroautos könnte sich zu einem Problem für einige Anbieter auswachsen, da 2025 neue, verschärfte CO2-Ziele für die Hersteller in der EU gelten und bei Nichterreichen dieser Ziele Milliardenstrafen fällig werden.

Plug-in Hybride verlieren noch stärker
Berücksichtigt man zusätzlich Plug-in-Hybride, wird der Unterschied noch deutlicher – dann reicht die Spanne von 54 Prozent (gemeinsamer Marktanteil BEV und PHEV) in Dänemark und Schweden bis drei Prozent in Kroatien (Österreich: 23,8 %). Insgesamt schrumpfte der Absatz von Plug-in-Hybriden in der EU im Mai um 15 Prozent, der Marktanteil sank von 7,4 auf 6,5 Prozent. In Österreich wurde bei Plug-in-Hybriden ein leichter Rückgang um 1,0 Prozent registriert, der Marktanteil stieg dennoch leicht von 6,2 auf 6,4 Prozent.

Elektroautos: Marktanteil stark rückläufig

Im Mai sank die Zahl der neu zugelassenen Elektroautos gegenüber dem Vorjahresmonat um zwölf Prozent, rückläufige Absatzzahlen wurden in 19 Ländern registriert. Der Marktanteil von Elektroautos lag mit 12,5 unter dem Niveau des Vorjahres, als er bei 13,8 Prozent lag. In 16 der 27 EU-Länder sank der Marktanteil.

Der Ausbau der Elektromobilität kommt ins Stocken“, erklärt Preiss. „In vielen Märkten verlieren Elektroautos Marktanteile, was teilweise auf auslaufende oder herabgesetzte Förderungen zurückzuführen ist, aber auch darauf, dass das Interesse an dieser Technologie weiterhin überschaubar ist. Der erste Schwung an innovationsfreudigen Käufern, besonders in städtischen Gebieten, wurde weitgehend erreicht. Es ist sich als schwierig, neue Kundenschichten zu gewinnen, die stärker auf das Preis-Leistungs-Verhältnis und Aspekte wie Reichweite und Wiederverkaufswert achten. Industrie und Politik müssen neue Wege finden, um mehr Menschen für Elektroautos zu begeistern.“

Die Verbrenner kommen zurück (bzw. waren nie fort)

Für die Industrie sei die aktuelle Lage sehr herausfordernd, fügt Preiss hinzu: „Die Hersteller haben mit einem kontinuierlichen Absatzwachstum gerechnet und entsprechend ihre Pläne angepasst und investiert. Nun bleiben die Verkaufszahlen weit hinter den Erwartungen zurück. Stattdessen erleben wir eine Renaissance der Verbrennungsmotoren. Einige Hersteller passen ihre ambitionierten Elektroziele an diese neue Realität an und verlängern die gleichzeitige Produktion von Verbrennern und Elektroautos – was hohe Kosten verursacht.“

Die Branche benötigt nun Verlässlichkeit, betont Preiss: „Die aktuelle Debatte auf EU-Ebene über das Verbot der Verbrennungsmotoren ab 2035 trägt weiters zur Unsicherheit bei – obwohl die Branche angesichts des enormen Investitionsbedarfs eigentlich mehr Planungssicherheit brauchen würde. Wahrscheinlich wird sich an dieser Situation in den kommenden Monaten wenig ändern.“ Die von der EU-Kommission angekündigten höheren Importzölle auf Elektroautos aus China würden den Markt zusätzlich belasten, warnt Preiss: „Die geplanten Strafzölle sind aus mehreren Gründen kontraproduktiv. Höhere Preise werden bei vielen Modellen unter anderem die Folge sein. Und bei einem Handelskrieg werden alle verlieren.“