Motor

75 Jahre Citroën 2CV: Wie ein hässliches Entlein Automobilgeschichte schrieb

Begonnen hat die Entwicklung bereits Mitte der 30er-Jahre. Citroën war von Michelin übernommen worden und der Plan war es, ein kleines, einfach gehaltenes, robustes und vor allem erschwingliches Auto auf die Räder zu stellen.

Die Zielgruppe ortete man im ländlichen Raum unter Bauern, ebenso unter Handwerkern. Der seinerzeitige Citroën-Chef Pierre-Jules Boulanger soll die Anforderungen so umschrieben haben: "Entwerfen Sie ein Auto, das Platz für zwei Bauern in Stiefeln und einen Zentner Kartoffeln oder ein Fässchen Wein bietet, mindestens 60 km/h schnell ist und dabei nur drei Liter Benzin auf 100 km verbraucht. Außerdem soll es selbst schlechteste Wegstrecken bewältigen können und so einfach zu bedienen sein, dass selbst ein Fahranfänger problemlos mit ihm zurechtkommt. Es muss ausgesprochen gut gefedert sein, sodass ein Korb voll mit Eiern eine Fahrt über holprige Feldwege unbeschadet übersteht. Und schließlich muss das neue Auto wesentlich billiger sein als unser Traction Avant‘. Auf das Aussehen des Wagens kommt es dabei überhaupt nicht an."

Unter dem Arbeitstitel TPV - steht für Toute Petite Vehicule, also sehr kleines Auto - entstand bis 1937 der erste fahrfertige Prototyp. Rund 250 Vorserienfahrzeuge wurden produziert und bis auf eine Handvoll (ein paar wurden in den 90er Jahren als Scheunenfund auf einem Dachboden entdeckt) bei Ausbruch des 2.Weltkriegs wieder vernichtet. Die ersten Autos waren tatsächlich höchst primitiv. Beispielsweise kam man mit einem Scheinwerfer aus, ein zweiter war vom Gesetz nicht vorgeschrieben.

Das Auto wurde nach dem Krieg noch überarbeitet und am 7.Oktober 1948 wurde der neue 2CV der Öffentlichkeit präsentiert. Die Bezeichnung 2CV leitet sich von "Cheval Fiscal" für die Einstufung im französischen KfZ-Steuersystem ab. Es heißt nicht, dass das Auto nur 2 PS hatte (wie die französischen Bezeichnung Deux Chevaux vermuten ließe). Viel mehr PS hatte der luftgekühlte Zweizylinder-Boxermotor allerdings dennoch nicht. Anfänglich waren es 9, erst 1955 stieg die Leistung auf 12 PS. Dafür hatte der kleine Franzose damals schon ein Viergang-Getriebe.

Alle Inhalte anzeigen

Die Produktion lief schleppend an. Erst im Sommer 1949 kamen die ersten Autos auf die Straße und es waren im ersten Jahr weniger als 900. Grund war, dass die Versorgung mit den nötigen Rohstoffen noch schwierig war und die staatliche Firma Renault, die den 4CV baute, bevorzugt behandelt wurde. Den Namen "Ente" bekam der 2CV auch zu dieser Zeit. Ein niederländischer Journalist hatte das Auto beim ersten Anblick als "hässliches Entlein" bezeichnet. Trotzdem fand der 2CV rasch Kunden, die Bestellungen gingen bis 1950 derart nach oben, dass Lieferzeiten von bis sechs Jahren entstanden.

Auch die Zielgruppe änderte sich bald. Ab Mitte der 1950er-Jahre wurde der 2CV nicht mehr mit Bauern oder Handwerkern für Werbefotos abgelichtet, sondern zunehmend mit Familien, jungen Leuten und Frauen. Der 2CV etablierte sich in Folge erfolgreich als Gegenentwurf zu einem Statussymbol und war vor allem bei Studenten beliebt.

Mehr zum Thema

Den Bekanntheitsgrad steigerten zum einen Einsätze bei Marathon-Rallyes wie der Paris-Kabul-Paris Rallye 1970 über 16.500 Kilometer oder Filmauftritte wie z.B. im James Bond Streifen "In tödlicher Mission". Auch besondere Versionen sorgten für Aufsehen, wie der 2CV Sahara mit zwei Motoren und Allradantrieb. In den 60er-Jahren wurden rund 700 Stück von diesem außergewöhnlichen 2CV produziert, heute sind sie gesuchte Sammlerobjekte. 2016 wurde so ein Auto für über 170.000 Euro versteigert.

Von den "normalen" Sondereditionen des 2CV erfreute sich vor allem der Charlston Anfang der 80er besonderer Beliebtheit. Und zwar so beliebt, dass man die Idee einer limitierten Serie verwarf und den zweifärbig lackierten Citroën so ins standardmäßige Modellprogramm aufnahm.

Ende der 1980er-Jahre läuteten aber die strengeren Abgasvorschriften und die sinkende Nachfrage das Ende der Ente ein. Wurden in den 60er-Jahren weltweit über 150.000 Stück pro Jahr zugelassen, sank die Nachfrage Ende der 80er auf rund 20.000 Stück. Im Stammwerk Levallois-Perret endete die Produktion im Februar 1988, in Portugal wurde noch zwei Jahre weiter produziert. Nach 5.114.969 Einheiten war dann Schluss - am 27.Juli 1990. Um 16 Uhr.