Motor

„Wie macht man ein Auto aerodynamisch, Herr Wieser?“

0,23 – das ist der beeindruckende cw-Wert des neuen VW ID.7. Das Auto wurde so aerodynamisch entworfen wie bisher kaum ein anderes Modell, heißt es aus Wolfsburg. Dementsprechend „austoben“ konnte sich die Aerodynamikabteilung. Wir sprachen mit Dirk Wieser, einem der Aerodynamiker bei VW: „Dass wir aktuell einen Wert ab 0,23 schaffen, daran hätte man vor Jahren nicht gedacht. Man könnte natürlich noch weiter runterkommen, aber das braucht Maßnahmen, die wiederum Geld kosten und am Ende das Auto verteuern. Es ist immer ein Kompromiss aus vielen Fahrzeuganforderungen, aber der ID.7 sollte 700 Kilometer im WLTP-Zyklus schaffen und da konnten wir als Aerodynamiker viel einbringen.“

KURIER: Herr Wieser, wie wichtig ist das Thema Aerodynamik, gerade beim Elektroauto?

Dirk Wieser: Man kann sagen, dass sich beim Elektroauto die Bedeutung der Aerodynamik für die Reichweite ungefähr verdoppelt hat. Wenn man mehr Reichweite schaffen will, schaut man zunächst auf die Aerodynamik. Allein die Autoform an sich macht etwa 47 Prozent des gesamten Widerstands aus. Der Unterboden macht zwölf Prozent aus, da ist das Elektroauto eben im Vorteil, weil wir den Unterboden komplett glatt machen können. So gesehen ist das Elektroauto ein Traum für uns Aerodynamiker. Der Lufteintritt vorne macht circa sieben Prozent aus und, was die meisten nicht wissen, das Radhaus mit Reifen und Felgen etwa 30 Prozent.

Alle Inhalte anzeigen

Deswegen auch die Aircurtains, also die Öffnungen im Radhaus.

Genau, die verbauen wir, um die Front zu entlasten. Dazu versuchen wir, die Seitenschweller möglichst weit rauszuziehen, um die Räder bestmöglich abzuschirmen. Und dann kommt viel Detailarbeit, Abrisskanten, Rundungen an der A- und C-Säule zum Beispiel. Und wir nutzen auch nicht sichtbare technische Lösungen wie ein Kühlerrollo.

Worauf kommt es grundsätzlich an, wenn man ein aerodynamisches Auto will? Aerodynamik ist Physik, die kann man nicht überlisten. Man kann dem Auto nur die Form geben, die die Strömung quasi am liebsten hätte und nichts in den Wind stellen. Vorne haben wir den höchsten Druck. Dann muss die Luft stromlinienförmig rund ums Auto geführt werden. Letztendlich ist es so, dass die Luft vorne am Auto drückt und am Heck zieht sie das Auto quasi nach hinten. Man kann sich das wie einen Fallschirm vorstellen und aus unserer Sicht spielt die Musik größtenteils auch im Heckbereich.

Alle Inhalte anzeigen

Bringen Kameraspiegel wirklich so viel für die Aerodynamik?

Der Spiegel am ID.7 wurde komplett neu entwickelt und ist einer der aerodynamisch. effizientesten und leisesten Spiegel, die wir aktuell haben. So ein Kameraspiegel bringt in unserer Rechenskala drei bis sechs Kilometer Reichweite (verglichen mit einem konventionellen Spiegel, Anm.). Aber dann braucht man in weiterer Folge Bildschirme innen und das System braucht wiederum Strom, der eigentlich für die Reichweite da sein soll. Und wenn man alles durchrechnet, kommt man dahinter, dass es energetisch eigentlich kein großer Vorteil ist. Letztendlich ist die Entscheidung für oder auch gegen ein Feature immer ein Kompromiss und eine Abwägung verschiedener Parameter. Und berücksichtigt natürlich auch die Wünsche der Kunden.