Votivkirche: Rot-Grünes Asyldilemma
Von Martin Gantner
Vor allem für die Grünen könnte die Causa zum Stresstest werden.
über das Protestcamp in der Votivkirche
Der Protest dauert an. Während 40 Asylwerber nach wie vor die Wiener Votivkirche besetzen, saßen gestern 60 rot-grüne Politiker im Rathaus und suchten nach einer gemeinsamen Linie. Michael Häupl (SPÖ) und seine grüne Stellvertreterin Maria Vassilakou – so viel ist 12 Tage nach der Camp-Räumung im Sigmund-Freud-Park klar – wissen nicht, wie sie mit der heiklen Kirchenbesetzung umgehen sollen. Vor allem für die Grünen könnte die Causa zum Stresstest werden. Denn während die Genossen gestern im Landtag einmal mehr bemüht waren, das Thema kleinzuhalten und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) umzuhängen, oszillierte der Juniorpartner unschlüssig zwischen unbedingter Solidarität mit den Asylwerbern (Klaus Werner-Lobo) und moderaten Tönen (Vassilakou selbst). „Ich unterstütze die Forderungen der Kirchenbesetzer zwar zum Teil“, sagt die Vizebürgermeisterin, die sich bisher ebenso wie Häupl nicht zu der Causa geäußert hat. „Ich plädiere aber dafür, dass die Asylwerber die städtischen Betreuungseinrichtungen in Anspruch nehmen.“
Heikel für die Grünen bleibt die Frage, ob Häupl und die Stadtroten im Vorfeld von der Campräumung informiert wurden. Überlegungen, die SPÖ in der gestrigen Landtagssitzung öffentlich um Aufklärung zu ersuchen, wurden offenbar aus Koalitionsräson wieder verworfen.
Von der Opposition hagelte es jedenfalls gehörig Kritik an Vassilakous Truppe: „Wie kann es sein, dass sich eine Partei so offen, nachhaltig und dreist auf die Seite der Illegalität stellt?“, fragte FPÖ-Klubchef Johann Gudenus. Wolfgang Ulm (ÖVP) forderte die Grünen auf, den Betroffenen keine falschen Hoffnungen zu machen. ÖVP-Chef Manfred Juraczka: „Ich fürchte, hier werden Not leidende Menschen von links-extremen Anarchos missbraucht.“