Mit Schulbeginn ist es meist zu spät
Von Ute Brühl
Bildung beginnt am Tag der Geburt, nicht erst in der Schule. Jahrzehnte sträubte man sich, besonders bei der ÖVP, sich in die Erziehung der Jüngsten einzumischen. Das sah man als Angriff auf die Familie. Tenor: Die ersten sechs Jahre gehen den Staat nichts an. Doch seit immer mehr Kinder in die Schule kommen, die den Wortschatz von Dreijährigen haben, die noch nie einen Stift in der Hand hatten oder nicht auf einem Bein stehen können, ist auch Konservativen klar, dass man sich um die Jüngsten kümmern muss. Pflichtschulgewerkschafter Paul Kimberger, der die Klagen der Volksschullehrer über die Defizite der Kinder kennt, schlägt jetzt vor, Anreize zu schaffen, damit Eltern ihre Kinder fördern.
Im Prinzip eine gute Idee, denn in der Bildung ist es wie in der Medizin: Je früher man ein Problem erkennt und es behebt, desto besser und günstiger ist es. Wer aber wie Kimberger auch nach Sanktionen ruft, der muss Eltern gleichzeitig Angebote machen. Denn meist liegt es nicht am Wollen, sondern am Können der Mütter und Väter: Wer selbst einen geringen Wortschatz hat oder selbst nicht lesen kann, wird seinem Kind keine Lust auf Bücher machen können – nicht einmal auf Bilderbücher.
Was also wäre zu tun? Neben Elternschulungen und Sozialarbeitern, die Familien besuchen, müssten die Kindergärten endlich besser ausgestattet werden. Heißt: Mehr Pädagoginnen in einer Gruppe, eine bessere Ausbildung der Kindergärtnerinnen und mehr Wertschätzung für einen der wichtigsten Berufe in unserer Gesellschaft.