Mangelhafte Mathematikkenntnisse und schräge Wortkreationen
Von Agnes Preusser
Es war eine dieser Nächte. Ich wälzte mich stundenlang hin und her und dachte an einen peinlichen Fehler. Konkret habe ich am Sonntag in einem Artikel geschrieben, dass die 190 Jahre alte Sachertorte im Jahr 1873 erfunden wurde. Passionierte Mathematiker (und alle, die die Grundrechenarten beherrschen) wissen: Das kann sich nicht ausgehen.
Ich endete schließlich in einem Gedankenkarussell, in dem mir alle Peinlichkeiten meines Lebens wieder einfielen. Als Volksschulkind wusste ich beim Spiel Rechenkönig zum Beispiel vor der ganzen Klasse nicht, wie viel 8 mal 7 ist. (Spätestens jetzt können Sie mir das mit 1873 hoffentlich verzeihen.)
Um endlich einschlafen zu können, versuchte ich etwas Neues. Ich lud mir ein Hörbuch hinunter, um mit der Erzählerstimme meine Gedanken im Kopf zu übertönen. Was kurzzeitig gut klappte, endete damit, dass ich von meinem Smartphone beleidigt wurde. Plötzlich leuchtete eine Nachricht in einem freudig-aufgeregten Orange auf. Mein Handy gratulierte mir, dass ich mein heutiges Leseziel erreicht hätte. Ich hatte gerade mal drei Minuten meines Hörbuchs angehört.
Mein Smartphone hält mich also für ungebildet. Um es Lügen zu strafen, trieb ich mich die nächste schlaflose Stunde auf der Seite der New York Times herum – und stolperte dort über einen Essay über das deutsche Wort „Freudenfreude“, das als das Gegenteil von Schadenfreude benutzt wird. Nie gehört. Kann ich neben Mathe jetzt auch kein Deutsch mehr, fragte ich mich. Ein Blick in den Duden beruhigte mich. Freudenfreude sagt man nicht. (Fühlen darf man sie.)
In besagtem Artikel wurde der Fehler mittlerweile eingeräumt. Dass eine Kollegin in Übersee wohl auch eine schlaflose Nacht hatte, ist ein bisschen tröstlich. Sie würde das wohl mit Geteilt-Leid übersetzen.