Meinung/Kommentare/Wirtschaft

Die Ungleichheit wurde gezüchtet

Jahrzehntelang wurde dem Bürger eingeredet, er könne sich allein auf den Sozialstaat verlassen.

Dr. Martina Salomon
über die Umverteilung

Die Arbeiterkammer hat mit Blick auf die AK-Wahl von der Wirtschaftsuni Wien alte Nationalbankdaten neu auswerten lassen. Ergebnis der Studie (siehe unten): Einkommen aus Kapitaleinkünften sind auf eine dünne Schicht konzentriert. Aber hallo! Dass Besserverdiener mehr Geld zu veranlagen haben, ist jetzt aber echt eine Überraschung! Zur Beruhigung: Österreich gilt als besonders stark umverteilendes Land innerhalb der EU – alles andere wäre auch ein Armutszeugnis für die seit 1970 mit nur sechsjähriger Unterbrechung regierende Kanzlerpartei.

Abgesehen davon haben genau jene, die sich jetzt über die Ungleichverteilung von Kapitalvermögen aufregen, jahrzehntelang vor dem Kapitalmarkt gewarnt und dem Bürger eingeredet, er könne sich allein auf den Sozialstaat verlassen. Im „roten“ Wien lebt mittlerweile der größte Teil aller Mindestsicherungsbezieher. 60 Prozent aller Hauptstädter logieren in geförderten Wohnungen. Dazu kommen noch zahlreiche mietergeschützte Unterkünfte mit Billigzins. Die Motivation der Hauptstädter, sich Wohnungseigentum zu schaffen, war daher logischerweise nie sehr groß. Wer sich in der Zwischenzeit eine Immobilie oder Wertpapiere angeschafft hat, anstatt sein Geld zu verbrauchen, soll nun nach Ansicht der Arbeiterkammer mit neuen Vermögenssteuern belastet werden. (Man sollte übrigens nicht so tun, als gäbe es keine Vermögenssteuern. Was ist dann die Kapitalertragssteuer?) Die Kleinen würde man erwischen, größere flüchten, wenn möglich, dann (endgültig) mit ihrem Geld.

Die Umverteiler haben derzeit Grund zu Jubel: Der Salzburger VP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer würde sich Vermögenssteuern nicht verschließen, wenn die Einkommenssteuerbelastung verringert würde, sagte er im KURIER. Aber man kann darauf wetten: Unter dem Diktat der leeren Staatskasse denkt niemand daran, diese Steuern zu senken. Überdurchschnittlich hohe Einkommenssteuern plus neue Vermögensbesteuerung bedeuten allerdings, dass sich niemand mehr Wohlstand aus eigener Arbeit schaffen kann. Ist dies das Ziel?

Eine Studie der Wirtschaftsuniversität (WU) hat die Verteilung der Einkommen aus Zinsen, Dividenden und Mieterträgen in Österreich ermittelt. Demnach lukriert ein Prozent der Haushalte knapp mehr als 8000 Euro monatlich an Kapitaleinkommen.

Während die unteren 95 Prozent der erwerbstätigen Haushalte kaum nennenswerte Einkünfte aus Zinsen, Dividenden oder Vermietung erzielen, steigen diese am oberen Rand der Verteilung deutlich an. Das durchschnittliche Kapitaleinkommen des obersten Prozent machte 2010 etwa 100.000 Euro aus. Damit sind 52 Prozent aller Vermögenseinkommen auf das oberste Prozent der Haushalte konzentriert.

Aus der WU-Studie geht hervor, dass in Österreich rund drei Viertel aller Haushalte ein Einkommen aus Vermögen beziehen. Für den größten Teil stellen Zinseinnahmen die einzige Einkunftsart neben Einkommen aus Erwerbstätigkeit dar. Erst für das oberste Zehntel der Einkommensverteilung ändert sich das Bild deutlich, da Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung einen zunehmend wichtigeren Stellenwert einnehmen. Erneut bildet das oberste Prozent eine bemerkenswerte Ausnahme: Diese Haushalte beziehen ihre Kapitaleinkommen hauptsächlich aus Gewinnausschüttungen aus ihren Unternehmensbeteiligungen.