Europa will ergrünen – doch die Gegenwart ist noch grau
Von Martina Salomon
Europa will ergrünen – doch die Gegenwart ist noch grau.
über Probleme bei der Energiewende
Verkehrte Welt: Vergangenen Mittwoch beschloss das Parlament das " Energieeffizienzgesetz", das Firmen bestraft, wenn sie zu viel ihrer Ware verkaufen. Den Anbietern drohen Pönalen, wenn ihre Kunden mit Strom, Öl und Gas in Zukunft nicht sparsamer umgehen.
Nun ist gegen das EU-Ziel, Energie sparsam zu verbrauchen, wirklich nichts einzuwenden. Dennoch passt die Reform zur verkorksten Energiepolitik in Europa, die alle Gesetze des Marktes außer Kraft gesetzt hat. Die " Energiewende", einst als Allheilmittel gepriesen, hat vor allem in Deutschland Katzenjammer erzeugt. Beim Nachbarn ist die Ökostromförderung noch viel höher als bei uns, was einen künstlichen Boom an Wind- und Solarkraft-Anlagen erzeugt hat. Nun "verzieren" potthässliche Windparks und Solarpaneel-Wälder viele (übrigens auch burgenländische und niederösterreichische) Landschaften und produzieren bei Wind und Sonnenschein mehr "grünen" Strom, als gebraucht wird.
Der mit Steuermilliarden allerorts subventionierte Strompreis ruiniert eine ganze Branche. Wegen des Energie-Überschusses musste der Verbund zum Beispiel das neue und hocheffiziente Gaskraftwerk im steirischen Mellach herunterfahren. Der mehrheitlich staatliche Konzern ist an der Börse im Sinkflug. Eine Gewinnwarnung folgt der nächsten. Der Chef der Energie OÖ, Leo Windtner, meinte kürzlich im KURIER-Gespräch: "Nach der Bankenkrise droht eine Energiekrise."
Strom-Überangebot
Weil es dummerweise noch immer kaum möglich ist, Strom zu speichern, rauchen in Deutschland nun wieder die schmutzigen Kohlekraftwerke. Sie erzeugen den billigen Strom, den ein Industrieland braucht, wenn sich die Sonne versteckt und über der Nordsee keine steife Brise weht. Doch das Strom-Überangebot nimmt selbst den Öko-Pionieren den Wind aus den Segeln, äh, Windrädern. In Niederösterreich halten einige Betreiber dem Kostendruck nicht mehr stand und sperren zu.
Beim Privatkunden kommen die Dumpingpreise aber nur sehr, sehr zögerlich an. Was allerdings auch daran liegt, dass ein zu großer Teil der Kosten für Haushalte und Wirtschaft aus Steuern und Gebühren besteht. Das macht bei uns auch Benzin oder Flugtickets so teuer. Beim Strom hat der erstaunlich hohe Preis auch mit mangelndem Wettbewerb der dominierenden Landesenergieversorger zu tun, deren Vorstandsetagen noch immer gerne nach Parteifarbe besetzt werden.
Klar, es braucht Vorreiter für "grüne" Jobs, erneuerbare Energie und Speicher-Technologien. Wer hier die Nase vorn hat, darf auch international auf das große Geschäft hoffen.
Doch die bittere Wahrheit ist: Das europäische Modell ist teuer erkauft, viel zu bürokratisch und bringt im schlimmsten Falle für das Weltklima sogar Nachteile. Dann nämlich, wenn man große produzierende Firmen in die Flucht schlägt. Verlagern sie ihre Produktion nach China, Indien oder in die USA, dann stoßen sie dort – etwa für die erzeugte Tonne Stahl – ein Vielfaches an CO2 aus. Wirkliche Energieeffizienz muss bis zum Ende durchdacht werden: Derzeit ist sie gut gemeint, aber nicht gut gemacht.