Meinung/Kommentare/Innenpolitik

Wer haftet für Wissenschafts-Mist?

Warum bleiben immer jene ungeschoren, die diese fehlerhaften Arbeiten abgesegnet haben?

Dr. Martina Salomon
über den Plagiatsfall Schavan

Wie kann man heute jemanden final beschädigen? Indem man seine 30 Jahre alte Dissertation ausgräbt und nach Plagiaten durchsucht. Am Dienstag hat die Universität Düsseldorf der deutschen Bildungsministerin Annette Schavan ihren vor 33 Jahren erworbenen Doktortitel aberkannt. Hübsche Geschichte in einem Wahljahr. In Österreich kennt man diese Methode auch. So hat ein bekannter Plagiatsjäger bei der Diplomarbeit des Gerichtsgutachters der Meinl-Bank zufällig „Plagiatsfragmente“ gefunden. Die Meinl-Bank dementiert zwar, die Studie in Auftrag gegeben zu haben, doch ein Meinl-internes Dirty-Campaigning-Papier, das der KURIER veröffentlichte, legt so eine Vermutung nahe.

Aber warum bleiben immer jene ungeschoren, die diese fehlerhaften Arbeiten abgesegnet haben? Träfe nicht die Unis und ihre Professoren dieselbe Schuld? Welche Konsequenzen ziehen sie? Im Grunde ist die ganze Diskussion sowieso lächerlich. Man kann an die Geschichte nie die Normen von heute anlegen, denn dann müssten auch alle in Österreich praktizierenden Ärzte zum jetzt üblichen, selektiven Aufnahmetest für die Med-Uni antreten. Wer ihn nicht besteht – also möglicherweise die Mehrheit – darf keine Patienten mehr behandeln, oder?

Heute, wo copy and paste so einfach gehen, überwacht man Plagiate zu Recht härter. Vor 30 Jahren war es hingegen bei geisteswissenschaftlichen Arbeiten üblich, einen Sukkus aus möglichst viel Literatur zu ziehen. Zu viele eigene Gedanken zu entwickeln war als unwissenschaftlich verpönt. Heute gelten andere Regeln.

Aber selbst bei Verbrechen gibt es mit gutem Grund eine Verjährungsfrist. Warum sollte die nicht auch für jahrzehntealte Dissertationen gelten?