Meinung/Kolumnen/Über Gott und die Welt

Ordinäre Krankheiten

Fieber plus „Ego“ ist gleich Selbstmord per Quecksilberalgorithmus.

Michael Fleischhacker
über die Schmerzen des Alters

Alt werden ist nicht schön. Ich habe es im ersten Vierteljahrhundert meines Berufslebens insgesamt auf maximal zwei Wochen Krankenstand gebracht (mit dem entsprechenden Guthaben könnte ich eigentlich direkt in die Invaliditätspension gleiten). Seit ich nicht mehr wichtig, aber alt bin, erwischt mich eine Seuche nach der anderen. Derzeit versuche ich, mit Cortisonzeug die letzten Reste jener Augenpest von meiner Hornhaut zu kratzen, mit der ich den letzten Urlaub als Hauszombie im schönsten Hotel der Welt verbracht habe. Langlaufen war großartig, denn wenn du als alter Mann noch mit Skating beginnst, tun dir die Oberschenkel nach zweieinhalb Minuten so weh, dass du eine Stunde lang deine Augenschmerzen vergisst. Dass die Anfälligkeit für ordinäre Krankheiten wie virale Infekte, Grippen und solches Zeug direkt proportional zur zunehmenden Wichtigkeit abnimmt, ist ja wissenschaftlich längst erwiesen. Ich sollte mich also eigentlich nicht darüber wundern, dass die letzten Ausläufer der Augenpest bei mir durch erste Anzeichen einer Influenza Cerebralis abgerundet werden, aber es trifft dich doch, wenn es dich trifft. Leute wie Faymann werden, glaube ich, überhaupt nur deswegen Kanzler, weil sie es nicht gut aushalten, mit Grippe zu Hause zu liegen. Kann ich verstehen. Sogar wenn man gerne liest, ist das nicht immer angenehm. Wenn du mit „Heute“, „Krone“ und „Österreich“ durch bist, fehlt dir für Karl May schon die Konzentration, an Frank Schirrmacher ist in solchen Zuständen nicht zu denken, Fieber plus „Ego“ ist gleich Selbstmord per Quecksilberalgorithmus. Dann liegst du also rum und beginnst über das so genannte Leben nachzudenken. Entsetzlich. Dann doch lieber Kanzler.