Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Verkorkst & verehrt

Noch einmal spielt Rapid in der alten Arena um Punkte.

Wolfgang Winheim
über das Hanappi-Stadion

Die Zeit des Adieu-Sagens ist gekommen. In Salzburg nimmt heute Meistermacher Roger Schmidt vom Publikum der Bullen-Arena Abschied. Ein paar Autobahnkilometer weiter sitzt Adi Hütter, wenn seine Sensationself Grödig gegen die Austria um einen internationalen Startplatz kämpft, zum letzten Mal auf der Trainerbank in der Untersberg-Arena. In Wien-Hütteldorf werden Branko Boskovic und der zu Union Berlin wechselnde Christopher Trimmel verabschiedet.

Das heutige, mit 17.200 Besuchern ausverkaufte Match gegen Innsbruck wird vermutlich auch das letzte Pflichtspiel des SK Rapid im Hanappi-Stadion sein. Pflichthalber sei an die Rapid-Fans appelliert, nach dem Abpfiff keine Rasenziegel als Erinnerungstücke mit nach Hause zu nehmen. Zumal in "St. Hanappi" (Copyright Josef Hickersberger) noch zwei internationale Jugendturniere im Mai plus am 6. Juli ein Abschiedsspiel gegen einen ausländischen Top-Klub geplant sind.

Ab Herbst wird die Kampfmannschaft im Prater (Happel-Stadion) spielen, während das Hanappi-Stadion ein paar Mal noch trotz geschlossener Tribünen den Ostliga-Amateuren als Austragungsort dienen kann.

Das Hanappi-Stadion geht nach nur 37 Dienstjahren in Gleitpension, bevor es endgültig dem Hütteldorfer Boden gleichgemacht wird. Und durch eine neue 24.000er-Arena ersetzt wird, sobald die dazu notwendigen Investoren zugestimmt haben.

Am 3. Mai 1977 wurde im Hanappi-Stadion erstmals dem Ball nachgelaufen. Wenige Wochen nach der Eröffnung erzielte Hans Krankl beim 11:1 gegen den GAK sieben Tore.

Schildbürgereien

Heute besucht Krankl, der sich mit der aktuellen Rapid-Führung nicht identifizieren kann, das Hanappi-Stadion nur noch dann, wenn er von seinem Dienstgeber Sky zwecks TV-Analysen ausdrücklich dazu ersucht wird.

Und heute wissen vermutlich nur noch ein paar seiner Alterskollegen, dass das Hanappi-Stadion weniger aus Liebe zum Sport, sondern deshalb errichtet worden war, weil der alte Rapid-Platz, die legendäre Pfarrwiese, einer Stelzenautobahn weichen sollte. Nach Bürgerprotesten wurde diese Stadtautobahn dann aber nie gebaut. Seither wird auf der Pfarrwiese nur noch Tennis gespielt, während das Hanappi-Stadion zum Beispiel für verkorkste Sportstätten-Politik wurde.

Wiederholt musste der Spielbetrieb im Westen Wiens eingeschränkt werden. Sei es, weil unter den Trainingsplätzen eine Tiefgarage mit 670 Stellplätzen (die absurderweise an Wochentagen leer zu stehen haben) errichtet wurde; sei es, weil die Baupolizei Alarm schlug, als Rapid das Dach auf den Kopf zu fallen drohte. Verdächtig oft war Beton brüchig geworden. "Was kann man schon von einem Stadion erwarten, wenn’s a Fußballer gebaut hat", pflegte daraufhin der ehemalige Wiener Sportamtsleiter Ferdinand Podkowicz zu sagen.

Tatsächlich war der einstige Teamkapitän und Weltauswahlspieler Dipl. Ing. Gerhard Hanappi der weltweit – bis heute – einzige Fußballer, der ein Stadion selbst konzipiert hat. Allein: Architekt Hanappi hatte mir damals, schon vom Krebs gezeichnet, seine Original-Pläne gezeigt. Nämlich jene, die von der Politik verworfen worden waren.

Mit 38 Jahren Verspätung soll das Spielfeld endlich aus der Ost-West- in die günstigere Nord-Süd-Richtung gedreht und damit im neuen Stadion so angelegt werden, wie es Architekt Hanappi einst schon gewollt hatte.

Er wusste, woher der Wind weht.