Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Neinsager haben immer Saison

Die Stadt soll, soll, soll. Will vielleicht auch. Nur kann sie offensichtlich nicht.

Wolfgang Winheim
über die Stadt Wien und den Fußball

Die Stadt Wien soll Österreichs ältesten Fußballklub, die Vienna, retten, die nach dem Tod ihres Sponsors in den letzten Zügen liegt. Die Stadt Wien soll verhindern, dass der Wiener Sportklub unter seinem morschen Tribünendach begraben wird. Die Stadt Wien soll für ein neues Nationalstadion sorgen, weil die (86 Jahre alte) Prater-Arena nicht mehr internationalen Ansprüchen entspricht.

Die Stadt soll, soll, soll. Will vielleicht auch. Nur kann sie offensichtlich nicht. Der zuständige Stadtrat Andreas Mailath-Pokorny hat via Standard-Interview, in dem er einen Neubau ausschließt, beim ÖFB Irritation und bei der Fußballergewerkschaft Empörung ausgelöst. Schon im Kulturbereich aber, für den Mailath-Pokorny ebenfalls zuständig ist, wird er auf Zustimmung stoßen. Vermutlich würde sogar eine Volksbefragung nicht erfreulich für Stadion-Forderer ausfallen, zumal ja inzwischen so ziemlich gegen alles Neue mehrheitlich mit Nein gestimmt wird. Selbst wenn es sich nur um Mini-Anlagen handelt. So protestierten im südlichen Niederösterreich Anrainer gegen ein Fußballfeld, weil sie sich durch Schiedsrichterpfiffe gestört fühlten. Und so haben vor Wiens westlichem Stadtrand Wutbürger, begleitet von ungewöhnlicher grün-blauer Einigkeit, den bereits fix genehmigten Bau eines Fußballplatzes verhindert und eine Vereinsauflösung erwirkt.

Dem Sport, dessen Budget nicht nur in Salzburg viel niedriger als das der Kultur ist, fehlt trotz allem Mir-san-mir-Gehabe bei Ski-Siegen nach wie vor der gesellschaftliche Stellenwert. Was den Fußball betrifft, ist der auch selbst daran schuld.

Abschreckend

Wenn mit kostenintensiven Trainerrochaden demonstriert wird, wie locker der Euro sitzt, fehlt dem Steuerzahler das Verständnis für ein Subventionieren der Kickerei. Und wenn die Bauinitiativen von Rapid und Austria mit öffentlichem Geld unterstützt werden, kritisieren Nicht-Rapidler und Nicht-Austrianer, dass es klüger gewesen wäre, statt zwei kleinen Stadien ein großes zu errichten, das auch Champions-League-Finalschauplatz sein kann.

In Wahrheit lässt sich so ein Super-Stadion in Zeiten wie diesen, in denen selbst im Sozialbereich Einsparungen drohen, nur noch durch private Investoren finanzieren. Doch denen wird zu denken geben,

... dass Dietrich Mateschitz für sein Fußball-Engagement angefeindet wird; und dass in Hütteldorf Kommerz-Hasser nach wie vor gegen die Bezeichnung Allianz-Stadion opponieren, obwohl der Bau der Rapid-Heimstätte erst durch Versicherungsgeld möglich war.

Oder schießt Tradition vielleicht doch Tore? Und die Vienna wird heuer im Sommer quietschlebendig 123 Jahre alt?