Meinung/Kolumnen/Tagebuch

Bruno Pezzey: Er war seiner Zeit voraus

Pezzey war einer der besten Fußballer, die Österreich je hervorbrachte

Wolfgang Winheim
über Bruno Pezzey

Rasch noch die Skispringer würdigen und Silvesterläufe berücksichtigen, die in Österreich vorsorglich nicht erst gegen Mitternacht ausgetragen werden – der letzte Tag des Jahres ist (neben dem Heiligen Abend) der einzige, an dem selbst in Sportredaktionen keine Überstunden gemacht werden. Vor 20 Jahren war das anders. Aus einem traurigen Anlass, den manche von Bruno Pezzeys Bewunderern bis heute nicht fassen können. Der Ausnahmefußballer war während eines Hobby-Eishockey-Spieles zusammengebrochen. Er wurde nur 39 Jahre alt.

Der Ballesterer hat in seiner aktuellen Ausgabe Pezzey 15 Seiten gewidmet. Sportkonsumenten, die keine Kick-Freaks sind oder Jüngere, die eher die Stars der Gegenwart interessieren, sei im Telegrammstil mitgeteilt:

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Pezzey erhielt nicht erst posthum das Prädikat Weltklasse. Er bestritt 84 Länderspiele, darunter elf bei zwei Weltmeisterschaften. Er brachte Wacker Innsbruck 900.000 Deutsche Mark. Für diese im Jahr 1979 enorm hohe Summe wurde Pezzey von der Eintracht nach Frankfurt geholt, dort Kapitän und 1980 UEFA-Cup-Sieger.

Obwohl bald nach seinem Transfer wegen einer Watsch’n für zehn Spiele gesperrt und medial vorverurteilt, wählten ihn die Leser des Fachmagazin Kicker zum beliebtesten Spieler der deutschen Bundesliga.

Nach seinem Wechsel zu Werder gab Pezzey auch in Bremen ohne zu brüllen den Ton an. Der 1,88 Meter große Schiedsrichtersohn beherrschte die Blutgrätsche, ohne das Blut floss.

Pezzey war nicht der Schnellste. Aber er war als "spielender" Vorstopper (= Innenverteidiger) und danach als Libero und Franz-Beckenbauer-Kopie seiner Zeit voraus. Das behauptet Josef Hickersberger nicht erst jetzt. Der spätere Teamchef diktierte als Pezzey-Mitspieler seine hohe Meinung den Reportern schon vor 30 Jahren in ihre Notizblöcke.

Pezzey war einer der besten Fußballer, die Österreich je hervorbrachte. Und der bis heute beste Vorarlberger Kicker ist er sowieso. Eine Meinung, der auch der Vorarlberger Red Bull-Salzburg-Trainer Adi Hütter (14 Länderspiele plus Europacup-Finale) nicht widerspricht.

Pezzey glich, obwohl ihm der Schalk im Nacken saß, der personifizierten Vernunft. Keine Zigaretten, kein Alkohol, keine Skandalstorys. Umso unfassbarer, dass sein Herz bei einem Spielchen auf dem Eis versagte – wenige Stunden bevor die Familien von Pezzey und Ski-Trainer Robert Trenkwalder (heute Red Bull-Coach von Lindsey Vonn) gemeinsam ins Jahr 1995 rutschen wollten.

Mit Trenkwalder und dessen Schützling Günther Mader verband Pezzey eine enge Freundschaft. Es gehörte zur Tradition, dass Bruno vor dem letzten Adventsonntag zum Weltcup nach Alta Badia kam, um dort beim Training des großen Allrounders zu assistieren. Zu dieser Zeit war Pezzey schon Coach des Unter-21-Nationalteams.

Bruno schleppte Torstangen, half Trenkwalder beim Setzen der Trainingskurse. Ja, der ehemalige Weltauswahlspieler einer Weltsportart meinte, dass sich seine Branche hinsichtlich Fleiß und sportwissenschaftlicher Erkenntnisse von den oft zur alpinen Inzuchtpartie abqualifizierten Skifahrern einiges abschauen sollte. Dabei konnte man Pezzey nicht vorwerfen, dass sein Blick durch sein Umfeld getrübt war.

Im Gegenteil.

Der langjährige Deutschland-Legionär warnte davor, sich den deutschen, von Athletik geprägten Fußball, zu sehr zum Vorbild zu nehmen. Er forderte die Trainer auf, nicht mehr körperlich große, robuste Nachwuchskicker auf Kosten schmächtiger Balltalente zu bevorzugen. Er wollte, dass wieder mehr fußballerische Elemente forciert werden.

So wie dies die Deutschen erst im neuen Jahrtausend (mit Erfolg) praktizierten. Und wie es – wie immer mit Verspätung – nun in Österreich versucht wird.

Pezzey war auch als Trainer seiner Zeit voraus.