To do or not to do...
Ich sage nur: Ewigkeit ist gut, aber jetzt leider aus.
über die Szenen einer Redaktionsehe
Sie
Das ist ein kluger Satz: „Warten ist Einblick in die Ewigkeit.“ Er ist das Werk des Erhard Horst Bellermann, Bauingenieur, Dichter und Aphoristiker. Komischerweise poppt in meiner Fantasie dazu folgende Szene auf: Herr Bellermann geht mit Herrn Hufnagl, Ehemann und ein bisschen Dichter, ins Kaffeehaus, beide bestellen sich eine Melange und – weil hungrig – ein Törtchen. Der Kellner sagt einen Satz, der vor allem Hufnagl geläufig sein wird: „A Momenterl, kommt gleich.“ Nun: Gleich ist meterweit vom sofort entfernt, gleich ist dehnbar, legt sich auf nix fest, ist gewissermaßen Interpretationssache. Für Bellermann kein Problem, weil er das Warten ja als eine Art Jausenstation auf des Menschen Weg ins Nirwana betrachtet. Für Hufnagl schon: Er hasst es zu warten, wenn der Magen knurrt. Außerdem schleudert es ihn schon bei einer einzigen roten Ampel aus der inneren Warteschleife.
A Momenterl, bitte...
Und was hat das mit mir zu tun? Nun, ich bin die, die täglich in die „Ewigkeit“ blicken darf und sich dringend ein neues Programm wünscht. Er hingegen, der alles und das gerne sofort hätte, experimentiert erschöpfend mit dem Geduldsfaden seiner Mitmenschen (=ich). Unlängst wieder: die Waschmaschine streikte, das Wasser musste händisch abgepumpt werden. Ein klarer Fall für Hufnagl – also: für A Momenterl, bitte, gleich. Hätte ich ihm nach fünf Stunden in der Warte-Pole-Position nicht mit Törtchen- und Liebesentzug gedroht ... – ja, genau. Ähnlich geht es mir mit: – dem Mistsackerl, das seit zwei Tagen vor der Eingangstür auf die Erfindung der Dreck-Quanten-Teleportation hofft, – der kaputten Küchenbeleuchtung, die aus der Küche eine Dunkelkammer macht, – und dem Versprechen (in Folge eines Paaradox zum gleichen Thema), die Momenterl-Dosis zurückzuschrauben. Ich sage nur: Ewigkeit ist gut, aber jetzt leider aus.
Er
Es geht also wieder einmal um das Erledigen.
Bzw. das Nichterledigen. Heißt: Es geht wieder einmal um die selektive Wahrnehmung (m)einer Frau. Aus diesem Grund konfrontiere ich sie auch regelmäßig mit einem Beispiel.
Wenn ich einen großen mit leeren Flaschen und Dosen gefüllten Sack wegbringe, bedeutet das: Gut, der herumstehende Sack fällt nicht mehr auf. Sowie: Schlecht, der herumstehende Sack fällt nicht mehr auf. Gut, weil er nicht mehr als Störfaktor in das Ordnung liebende Auge fällt. Schlecht, weil es den Anschein hat, er wäre nie da gewesen. Als gäbe es die Glas- und Blech-Quanten-Teleportation.
Aber es gibt nur mich. Der Abtransporte routinemäßig checkt. Wie so vieles. In aller Stille. Ist ja auch keine große Sache. Braucht daher keine explizite Würdigung. Oder?
Ein Fall für mich
Ganz falsch. Diese entspannte Sichtweise eines überzeugten Halbe-halbe-Proponenten führt nur dazu, dass meine zahllosen alltäglichen Engagements nicht auf ihrem Radar auftauchen. Daher ist es notwendig, jedes Tun, und sei es noch so selbstverständlich, zu erwähnen. Und zwar nicht subtil en passant, wie sie es gerne praktiziert (Witzig, beim Aufräumen des Eiskastens habe ich deine Brombeermarmelade von 2009 entdeckt), sondern laut, fröhlich und offensiv.
„Oh, Schatz, schau, hier steht ein großer Sack, den ich in verlässlicher Weise mit leeren Flaschen und Dosen gefüllt habe.“ Dann unbedingt noch einmal die Stimme heben: „Ich denke, dieser Sack muss jetzt weggebracht werden. Das ist ein Fall für mich. Wohlan, ich werde das sofort erledigen. Und es wird der Ordnung in unserem Heim richtig guttun.“
Dann lacht sie. Umarmt mich. Legt ihren Kopf an meine Schulter. Und flüstert mir ins Ohr: Danach bitte Wasser abpumpen.
Twitter: @MHufnagl