Meinung/Kolumnen/Paaradox

Die Mama wird’s schon richten

In der Frischwaren-Abteilung liegen die gewaschenen Sockerln, Hoserln und Leiberln zur freien Entnahme bereit.

Michael Hufnagl
über den Muttertag

Sie

Mir graut vor Männern, die Mama zu ihren angetrauten Frauen sagen. Nicht nur am Muttertag. Sondern: täglich, womöglich auch während der ehelichen „Pflicht“ (so heißt das, wenn eine Mama mit einem Papa Geschlechtsverkehr hat). Lachen Sie nicht – das gibt’s immer noch. „Mama“ ist schlimmer als „Schnurzerl“ oder „Mopsi“. Die Höchststrafe für eine Frau, die – trotz Ehe – eine Frau bleiben möchte. Der Mann nebenan käme nie auf die Idee. Er sagt alles Mögliche zu mir, aber „Mama“? Nein. 1000 Bonuspunkte für ihn.

In Muttis Laden

Trotzdem bin ich in seinen Augen Mutter. Und zwar im Sinne eines Prototyps. Und im weiteren Sinne eines Selbstbedienungsladens. Da spaziert der Mann nebenan durch Muttis Laden und bedient sich: In der Frischwaren-Abteilung liegen die gewaschenen Sockerln, Hoserln, Hemderln und Leiberln zur freien Entnahme bereit. Nimm zwei, verschmutz drei! In der Bürowaren-Abteilung ist alles zu finden, was einer braucht, um zu überleben. Proto-Trottel Mutti sorgt vollautomatisch für Ordnung in der Dokumentenmappe, sortiert Kontoauszüge und Mahnungen. Sie spuckt auf Knopfdruck den Pass aus, wenn der Herr in die weite Welt aufbricht, um eine Reise zu tun. Und im Feinkost-Bereich hat Modell Mama alles bereitgestellt, was ihn überleben lässt: Fleisch und Fleisch. Sowie ein Steak. Selbstverständlich fungiert die Mami auch als beratende Filialleiterin in Muttis Laden und beantwortet kundenfreundlich die sinnlosesten Fragen: „Schauen Sie, gnä’ Herr, hier ist das Milchprodukt, das Sie seit drei Stunden suchen. Und natürlich würde ich Ihnen raten, die günstige Jacke mitzunehmen. Wo es draußen so kalt ist. Darf ich Ihnen auch gleich unseren Gratis-Kofferpack-Service anbieten? “ Allen „Mamas“, die jetzt lächeln und wissen, wovon ich da schreibe: Haben Sie es heute besonders schön.

Twitter: @GabrieleKuhn

Er

Die Leserschaft hat sich längst an die quälenden Übertreibungen von Frau Kuhn gewöhnt. Diesmal aber muss ich sagen: Sie hat ja so recht. Und: Die ganze Wahrheit ist noch viel dramatischer.

Ja, ich bin ein Vollpfosten! Einer, der ohne den wachen Geist, die ordnenden Hände und das große Herz seiner Frau kaum überlebensfähig wäre. Schon in der Früh richtet sie mir das Zahnbürstl her (weil ich nicht weiß, wo ich es finde), streicht mir das Honigsemmerl (weil ich nicht weiß, wie das geht) und richtet mir das Gewand her (weil ich nicht weiß, was für ein Tag mit welchen Terminen, mit welchen Menschen, mit welchen Anforderungen mich erwartet).

Der Nasenbohrer

Deshalb bekomme ich gelegentlich ein schlechtes Gewissen, weil ich das Gefühl habe, das eheliche Verhältnis könnte nicht stimmen. Sie, die den ganzen Tag im Büro sitzt, wo Kreativität und Kommunikationskunst gefragt sind, wo das Leben von Arbeit und Stress geprägt ist. Und daneben ich, der bis zu Mittag schläft, stundenlang Sportmagazine im Garten liest, im TV Soaps und Castingshows ansieht und stolz darauf ist, Nasenbohrer-Rekorde zu brechen. Der ihr keinen Hauch von Gereiztheit gönnt, nur weil er angerufen hat, um sie zu fragen, ob sie einen Tipp gegen Langeweile hätte. Der mit leerem Gesichtsausdruck an vollen Waschmaschinen vorbeistolpert. Der nix kann, nix will, nix ist.

Und dann frage ich sie an besonderen Tagen, ob ich ihr etwas helfen könne. Sie, die Märtyrerin des Alltags, lächelt aber nur und sagt: „Ach, du Patscherl. Setz dich einfach in ein Eck, dann kannst du wenigstens nichts kaputtmachen.“

Möglicherweise ist jedoch alles ganz anders. Na und?

Sie hat den Glauben an die eigene Großartigkeit als Ehefrau. Ich habe die Gelassenheit, sie in selbigem zu lassen.

Kein Widerspruch. Das ist mein Muttertagsgeschenk.

Twitter: @MHufnagl