Meinung/Kolumnen/Ohrwaschl

Ventil war zu

Man sah sie förmlich vor sich, die Millionen von Katzenfotos, die verzweifelt darauf warteten, gepostet zu werden.

Guido Tartarotti
über den Facebook-Ausfall

Einige Stunden lang war Facebook ausgefallen, und man konnte spüren, wie der Druck stieg. Man sah sie förmlich vor sich, die Millionen von Katzenfotos, die verzweifelt darauf warteten, gepostet zu werden, die Coelho-Sprüche, die Sonnenaufgänge, die Aufrufe, selbst die Veränderung zu sein, die man von der Welt erwarte, die esoterischen Missionierungsversuche, die Freundschaftsanfragen: All das staute sich. Nicht auszudenken, was passieren hätte können, wäre das Ventil länger verschlossen geblieben – der Planet hätte Verstopfung bekommen.

Wie haben wir eigentlich früher unseren Status vermeldet? Haben wir unser Essen fotografiert, sind mit den Fotos zum Nachbarn gegangen und haben gesagt: Schau, was ich vor acht Tagen zum Mittagessen hatte? Haben wir im Gegenzug zur Nudelsuppe des Nachbarn „Gefällt mir“ gesagt?

Facebook ist eine elektronische Bassena, nicht mehr, nicht weniger. Eine gute Unterhaltung, oft bereichernd, oft skurril, manchmal erstaunlich humorlos. Die Welt wird dadurch eher nicht gerettet werden.guido.tartarotti@kurier.at