Meinung/Kolumnen/Ohrwaschl

Ruhestörung

Wir haben nie gelernt, richtig zu streiten.

Guido Tartarotti
über die Konsensokratie.

In einem Interview auf kurier.at wendet sich der Philosoph Franz Schuh, auf die aktuellen Auseinandersetzungen in Österreich angesprochen, gegen die „Konsenspolitik“ und fordert, „Konflikte deutlich herauszuarbeiten“.

Das ist in einer Konsensokratie wie Österreich natürlich eine Zumutung. In Wahrheit haben wir nie gelernt, richtig zu streiten. In einem Land, dominiert von der heiligen Sozialpartnerschaft und der immerwährenden großen Koalition, wo man schon in der Schule lernt, unterschiedliche Standpunkte wegzuheucheln, gilt der Konflikt nicht als Chance, sondern als Ruhestörung. Konflikt ist etwas, so sagt es der sinnstiftende Mythos der Zweiten Republik, das man unter Zuhilfenahme von zwei, drei Gläsern Spritzwein so rasch wie möglich in den Konsens überführt, dessen Inhalt schon feststeht, bevor die Gläser eingeschenkt sind.

Die unschöne Folge: Lässt sich der Konflikt irgendwann doch nicht mehr verdängen, bricht er gleich in der Form des gedanklichen Atomkriegs aus. Wer es nicht glaubt, schaue einfach in den Sozialen Medien nach.