Meinung/Kolumnen/Ohrwaschl

Passivurlaub

Die größte soziale Herausforderung des 21. Jahrhunderts: sich selbst auszuhalten

Birgit Braunrath
über Urlaub vom Smartphone

Man kommt ja heute zu nichts mehr im Urlaub. Ständig den besten Blickwinkel suchen, auf den perfekten Sonnenuntergang warten, dann noch das Essen fotografieren, bis es kalt wird. Dazwischen Bilder und Filme hochladen, um denen daheim lange Zähne zu machen. Sollen doch wenigstens die das perfekte Reisefeeling haben, wenn man schon selbst nicht zum Urlauben kommt, weil die Social-Media-Echtzeitberichterstattung einen so stresst.

Am entspanntesten urlaubt man ja heute virtuell: Passivurlaub daheim, indem man all die atemlosen Traumreise-Postings der anderen gemütlich von der Couch oder vom LIegestuhl aus verfolgt.

Denn im echten Urlaub, wenn die Ausrede „alles rein beruflich“ wegfällt, zeigt sich, wer tatsächlich noch ohne Smartphone existieren kann. Wer es schafft, die größte soziale Herausforderung des 21. Jahrhunderts anzunehmen: Sich selbst auszuhalten und mit sich selbst entspannt Zeit zu verbringen. – Wie, bitte, soll das gehen? Mit jemandem, der ständig sein Leben für andere inszeniert, ununterbrochen auf Likes schielt und prüft, ob eh keiner cooler urlaubt?