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"Denen geht's zu gut"

Jung zu sein und seinen Weg zu finden, ist genauso schwer wie vor 50 Jahren. Mindestens.

Birgit Braunrath
über eine Jugend-Umfrage

Gerade jetzt, wenn Schulschluss- und Zeugnisstress junge Menschen in verzweifelte Situationen bringen, hört man wieder häufig: „Die leisten doch eh nichts.“ Und: „Den Jungen geht’s viel zu gut.“

Das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Keine Spur von „geht’s zu gut“. Laut Umfrage unter 15- bis 26-Jährigen fühlt sich nur ein Fünftel „sehr gesund“. Doch jeder Vierte (in einigen Bundesländern sogar jeder Dritte) gibt an, sich „nicht gesund“ zu fühlen.

Was sagt uns das? Dass es verdammt schwer sein muss, heute jung zu sein. Dem Leistungsdruck standzuhalten, der oft ohne entsprechende Unterstützung und Berücksichtigung individueller Begabungen auferlegt wird. Dem Frustessen zu entsagen, während man von Automaten, Imbissständen und Fast-Food-Lokalen umzingelt ist. Die eigene Identität zu finden, wenn einem von den Älteren mehr Neid als Wertschätzung entgegengebracht wird. Dem Sog des Smartphones zu entrinnen und das analoge Leben nicht zu verpassen.

Jung zu sein und seinen Weg zu finden, ist heute genauso schwer wie vor 50 Jahren. Mindestens.