Das Spiel mit Extremen
Von Birgit Braunrath
Lauwarm ist das neue Unsichtbar. Nur die Verhaltensauffälligen fallen auf
das gefährliche Spiel mit den Extremen
Man muss heute schon extrem sein, um wahrgenommen zu werden. Etwa als April der härtere Dezember sein, Schnee, Eis und Minusgrade bringen, Ernten gefährden. Das schafft Schlagzeilen. Mit Aprilwetter macht man sich als April längst nicht mehr bemerkbar.
Lauwarm ist das neue Unsichtbar. Heiß-Kalt das aktuelle „Seht her!“. Nur die Verhaltensauffälligen fallen auf.
Besonders deutlich wird das in der Politik. Wer Extreme als realistische Ziele verkauft, erntet Applaus. Wer im Bereich des Machbaren agiert, gilt als farblos und fad. Als die ohnehin nicht unextreme AfD-Chefin Frauke Petry nur eine „realpolitische Ausrichtung“ für ihre Partei forderte, fiel sie augenblicklich durch. „Realpolitik“ scheuen die Extremen, weil dort kein Platz für ihre unrealistischen Forderungen ist.
Die Wähler schenken ihnen zwar meist nicht das Vertrauen, vielfach aber doch ihre Stimmen, weil sie es „denen da oben zeigen wollen“, weil das Spiel mit Extremen einen eigenartigen Machtkitzel erzeugt. Aber auch wenn man „nur spielen“ will, kann man ernsthaft Schaden anrichten.