Meinung/Kolumnen/Ohrwaschl

Bitte recht höflich

Die Kunst, so wohlerzogen wie möglich zu lügen.

Guido Tartarotti
über die österreichische Höflichkeit.

Ein Satz des Oscar-Gewinners Christoph Waltz wird derzeit besonders genüsslich zitiert: „Die Österreicher sind höflich, aber sie meinen es nicht so.“

Nicht-Österreicher werden an diesem Satz vor allem den Teil nach dem Beistrich betonen: Aber sie meinen es nicht so. Sind einfach unaufrichtig, diese Österreicher. Sagen dir etwas Freundliches ins Gesicht und denken sich dazu irgendein Schimpfwort mit Bezug zum Gesäß.

Österreicher hingegen legen Wert auf die erste Hälfe des Satzes: Aber immerhin sind wir höflich.

Abgesehen davon, dass wir auch die Kunst des nicht so gemeinten Unfreundlichseins beherrschen wie niemand sonst (jeder Kaffeehaus-Ober in Wien lernt das in seiner Ausbildung, und auf eine gewisse Art sind wir alle so etwas Ähnliches wie Kaffeehaus-Ober): Was wäre die Alternative? Immer so unhöflich sein, wie man sich vielleicht gerade fühlt? Höflichkeit ist die Kunst, so wohlerzogen wie möglich zu lügen, und ohne sie wäre die Welt ein rauchender Trümmerhaufen, also noch mehr, als sie es eh schon ist.

Guido Tartarottis Kabarettprogramm "Selbstbetrug für Fortgeschrittene" ist am 11. September im Kabarett Niedermair zu sehen, am 27. September im Theater am Alsergrund, am 29. September in der Bühne im Hof in St. Pölten und am 5. Oktober in der Stadtgalerie Mödling.