Meinung/Gastkommentar

Was der ÖFB vom Tennisverband lernen könnte

Der Föderalismus war 1918 ein Leitprinzip bei der Gründung der neuen Republik. Diese Struktur hat den Vorteil, dass die lokalen Entscheidungsträger vor Ort besser wissen, was die lokalen Bedürfnisse sind, andererseits hindert die dezentrale Machtfülle die zentralen Organe, also die Bundesregierung, an der sinnvollen Erfüllung ihrer Aufgaben. Dieses föderale Prinzip zieht sich durch alle Strukturen unseres Landes, auch durch die Sportverbände und damit den ÖFB. Allerdings sorgt die „Elegance“ der Verfassung für eine sinnvolle Aufgabenteilung zwischen der Zentralverwaltung und den einzelnen Ländern. Die Struktur des ÖFB verstößt jedoch auf gröbliche Weise gegen dieses bewährte Prinzip. Es gibt einen Präsidenten mit bescheidenen Entscheidungsbefugnissen, seine Vizepräsidenten sind Landespräsidenten, die eigentlich die Arbeit des Präsidiums kontrollieren sollten, aber in der Struktur des ÖFB als Präsidiumsmitglieder operative Tätigkeiten ausüben und sich damit selbst kontrollieren.

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Wie funktioniert das im Tennisverband? Im ÖTV gibt es einen Präsidenten/in, der alle 3 Jahre von der Generalversammlung gewählt wird. Daneben gibt es das aus neun Landespräsidenten zusammengesetzte Länderkuratorium, welches eine Art Aufsichtsrat ist. Der Präsident bestimmt in Eigenverantwortung seine Vizepräsidenten/innen, die bisher immer ohne Probleme von der Generalversammlung mitbestellt werden. Das Präsidium hat die alleinige Entscheidungsbefugnis in personellen und organisatorischen Belangen, sofern sie den Zentralverband betreffen. Dies gilt auch für die Länder in ihrem Bereich. Nur bei der Aufteilung der finanziellen Mittel muss wie im Bund (Finanzausgleich) jedes Jahr Einvernehmen mit den Ländern hergestellt werden. Das Präsidium ist gut beraten, das Länderkuratorium in alle wichtigen Entscheidungen einzubinden. Natürlich unterlaufen dem Präsidenten, aber auch anderen Funktionsträgern im Laufe der Zeit Fehler, man kann sie aber viel leichter korrigieren, wenn ein gutes Klima und Einvernehmen zwischen Präsidium und Länderkuratorium besteht. So kann man einen Verband relativ spannungsfrei führen, in meiner 15-jährigen Funktionsperiode wurde ich jedes Mal einstimmig bei Akklamation gewählt bzw. wiedergewählt. Bei meiner letzten Wiederwahl habe ich die Generalversammlung ersucht, in drei Jahren einen neuen Präsidenten zu wählen.

Gravierender Unterschied

Zwischen den beiden Verbänden besteht ein gravierender Unterschied. Im ÖFB wurde in den letzten 20 Jahren der Präsident immer aus dem Kreis der Landespräsidenten bestellt. Im Tennisverband wurde in den letzten 50 Jahren mit Ausnahme von zwei kurzen Perioden immer ein Quereinsteiger eingeladen, das Präsidentenamt anzunehmen. Das Anstellungsprofil war stets gleich, er sollte in seinem Beruf bewiesen haben, dass er es kann, sollte über eine gewisse Bekanntheit in der Öffentlichkeit verfügen, gut vernetzt und sportaffin sein.

Wenn sich die Entscheidungsträger im ÖFB entschließen, einen solchen Präsidenten/in zu wählen und ihm alle wichtigen Kompetenzen ohne Wenn und Aber zu übertragen, dann wird im Verband wieder Ruhe einkehren, welche er sich eigentlich aufgrund der sportlichen Erfolge verdienen würde.

Ernst Wolner war von 1997 bis 2012  Präsident des ÖTV.